Das Magazin der S-Bahn Hamburg

BSZ – das Herz der S-Bahn

Für den möglichst reibungslosen S-Bahn-Betrieb auf dem rund 147 Kilometer langen Schienennetz gilt es, den Überblick zu behalten: Und genau diese Aufgabe übernehmen die Mitarbeiter der Betriebs- und Servicezentrale (BSZ). Hier, im Herzen der S-Bahn, läuft alles zusammen.

Willkommen in der BSZ der S-Bahn Hamburg: In Hammerbrook sorgen Tag und Nacht rund 90 Mitarbeiter im Schichtdienst an 18 Arbeitsplätzen mit 187 Monitoren für einen reibungslosen und pünktlichen Ablauf der etwa 1.200 Zugfahrten täglich. Und das ist gar nicht so einfach!

Denn nur die kleinste Verzögerung beim Einsteigen kann für eine Verspätung des Zuges sorgen. Ein Beispiel: Die Züge der Linie S3 halten in der Regel nur 24 Sekunden an einer S-Bahn-Station. In dieser kurzen Zeit müssen die Fahrgäste in die Bahnen ein- und aussteigen. Da kommt es wirklich auf jede Sekunde an.

Aber wie koordiniert und überwacht man das umfangreiche Streckennetz und den Fahrbetrieb mit 440 Triebfahrzeugführern, 140 Fahrdienstleitern auf 17 Stellwerken und jeden der 291 Zuganzeiger auf den Bahnsteigen aller 68 Stationen?

Das klingt nicht nur nach einer großen Herausforderung, das ist es auch. Aber zum Glück haben die Kollegen der BSZ technische Unterstützung: Sie arbeiten mit einem rechnerbasierten Informations- und Meldesystem (IMS).

So ist auch der erste Eindruck beim Betreten der BSZ-Räumlichkeiten ein einziges Bildschirmflimmern. An jedem Arbeitsplatz sind mindestens fünf Monitore installiert. Hier werden in Echtzeit alle notwendigen Betriebsdaten abgebildet. Dazu zählen beispielsweise die Bilder vom Bahnsteig, die mithilfe von Kameras übertragen werden. Zudem kann auf den Monitoren verfolgt werden, wo sich welcher Zug gerade im Netz befindet, mit welcher Zugstärke (drei, sechs oder neun Wagen) und gegebenenfalls Verspätung er unterwegs ist.

Auf einem anderen Monitor sind die Weichenverbindungen und die Zugroute abzulesen, sodass die Mitarbeiter direkt sehen können, welche Ausweichmöglichkeiten im Rahmen der Streckenführung in einem Störungsfall möglich sind.

"Es gibt kein Schema F für eine Störung – jede ist komplett anders."
Jürgen Henrikson, ehemaliger Netzwerkkoordinator der S-Bahn Hamburg.

„Es gibt kein Schema F für eine Störung“, gibt der ehemalige Netzkoordinator der BSZ Jürgen Henrikson zu bedenken. „Jede einzelne ist komplett anders. Nur weil man einmal eine Maßnahme für eine Störung ergriffen hat, heißt es nicht, dass diese noch einmal genau so funktioniert. Das muss jedes Mal neu analysiert werden!“  Da alle sechs Linien der S-Bahn Hamburg über den Hauptbahnhof führen, wirken sich größere Abweichungen eines Streckenabschnittes oftmals direkt auf alle Linien aus.

Im Störungsfall entscheiden die Mitarbeiter der BSZ über die Maßnahmen zur Weiterführung des Betriebes und die Koordination der Fahrgastinformation. „Vieles in unserer täglichen Arbeit wird vor allem aus Erfahrung entschieden“, so Henrikson. Bevor er im März in den Ruhestand ging, war der 65-Jährige viele Jahre Netzkoordinator und damit Leiter der Betriebs- und Servicezentrale.

Seine Aufgabe war es, die Notfallleitstelle zu übernehmen sowie sich mit der Zugüberwachung, der Transportleitung und der Zentralen Aufsicht und Servicezentrale (ZAS) abzustimmen. Wenn Jürgen Henrikson die Aufgabe der BSZ beschreibt, merkt man schnell, dass er seine Arbeit geliebt hat. Ein Grund mehr, warum noch heute seine Expertise gefragt und geschätzt wird.

Wie genau wird bei einer Störung vorgegangen?

Weist ein Zug beispielsweise einen technischen Defekt auf und kann nicht weiterfahren, informiert der Triebfahrzeugführer umgehend den Fahrdienstleiter, der die BSZ darüber in Kenntnis setzt. Diese  Unregelmäßigkeit im Streckennetz muss zudem der Transportleitung gemeldet werden, damit sie den Schaden aufnimmt und eine Werkstattzuführung veranlasst. Da alle verantwortlichen Personen in denselben Räumlichkeiten sitzen, kann innerhalb von kürzester Zeit gehandelt werden.

Hier zählt jede Sekunde, denn schnelle Abstimmungen sind notwendig, um die negativen Auswirkungen für die 271 Mio. Fahrgäste jährlich zu minimieren und möglichst schnell zum fahrplanmäßigen Tagesgeschäft zurückzukehren. Das ist vor allem im Fahrtakt der Spitzenzeiten eine schwierige Aufgabe, damit sich Störungen nicht auf Folgezüge auswirken und eine Anschlusssicherung weiterhin gewährleistet werden kann.

Für die Statistik muss jede Verspätung eines Zuges im Streckennetz begründet und in einem Protokoll festgehalten werden. Auch Abweichungen wie zum Beispiel sogenannte „geschwächte Züge“, die nur mit drei, statt sechs Wagen fahren, werden dokumentiert.

Der Hamburger Verkehrsverbund gibt bei der Pünktlichkeit einen Zielwert vor. Demnach müssen 94,7 Prozent aller Fahrten pünktlich sein. Die Pünktlichkeit bei der S-Bahn Hamburg wird an allen Bahnhöfen im S-Bahn-Netz gemessen. Ein Zug gilt im HVV als verspätet, wenn er eine Fahrplanabweichung von drei Minuten oder mehr aufweist.

"Für die Überwachung des Streckennetzes stehen uns über 1.000 Kameras zur Verfügung."
Jürgen Henrikson, ehemaliger Netzkoordinator bei der S-Bahn Hamburg.

Damit die Fahrgäste schnellstmöglich über die Störungen informiert werden, ist die ZAS in die BSZ mit eingebunden. Ihre wichtigste Aufgabe ist nicht nur die Fahrgastkommunikation bei regulärem Verkehr, sondern auch bei abweichenden Fahrplänen alle wichtigen Informationen über die Bahnsteiglautsprecher an die Kunden weiterzuleiten. Zudem nehmen sie die Kundenanrufe über die Notruf- und Informationssäulen entgegen, von denen in jeder Haltestelle mindestens eine zu finden ist.

Ein Kamerasystem ermöglicht die ganztägige Videobeobachtung der sicherheitsrelevanten Bereiche aller Stationen. Dafür stehen über 1.000 Videokameras zur Verfügung, die teilweise mit spezieller Zoom- und Schwenktechnik ausgestattet sind. Davon ist über die Hälfte für die Triebfahrzeugführerselbstabfertigung im Einsatz.

Wenn mal eine Kamera in einer Bahn ausfällt oder die Sicht durch eine temporäre Baustelle am Bahnsteig beeinträchtigt ist, können die Triebfahrzeugführer bei der ZAS per Funk um Unterstützung bei der Abfertigung des Zuges bitten.

In Notfällen können die Mitarbeiter der ZAS auch das Anhalten einzelner Züge veranlassen. Die anderen Kameras werden zur Überwachung der Notruf- und Infosäulen, Fahrtreppen, Aufzüge und Fahrausweisautomaten auf den Stationen genutzt.

Dank dieser großen Videopräsenz kann nicht nur die frühzeitige Erkennung und Beseitigung von Vandalismusschäden unterstützt, sondern auch in Gefahrensituationen gezielt Wach- und Sicherheitspersonal gerufen und eingesetzt werden.

Das Herz der S-Bahn Hamburg schlägt also laut und kräftig!