Das Magazin der S-Bahn Hamburg

Hier geht’s nicht schneller

Geschwindigkeitsbegrenzungen bei der S-Bahn Hamburg

Nicht nur Autos müssen sich an Tempo-Limits halten, auch auf den Schienen im S-Bahn-Verkehr gelten Geschwindigkeitsbestimmungen. Wir erklären euch, wie schnell unsere Züge in bestimmten Abschnitten fahren dürfen und sogar müssen.

„Warum fährt die S-Bahn nicht einfach schneller, um eine Verspätung wieder einzuholen?“ – Diese Frage wird uns immer wieder gestellt. So einfach geht das leider nicht. Denn ein Triebfahrzeugführer kann nicht einfach selbst bestimmen, wie schnell er auf einem Schienenabschnitt fährt. Die Fahrstrecke gibt die Geschwindigkeit vor.

Grundsätzlich liegt die Höchstgeschwindigkeit aller Züge der S-Bahn Hamburg bei 100 km/h. Diese ist auf der Strecke nach Stade im sogenannten Mischverkehr mit der Regionalbahn auch die Richtgeschwindigkeit, die gefahren werden muss. Denn dort fahren Fern- und Regionalzüge teilweise bis zu einer Geschwindigkeit von 140 km/h. Die neuen Züge der Baureihe 490 erreichen im Wechselstromnetz bis zu 140 km/h.

Schienen wie in einer Achterbahn

Im innerstädtischen Verkehr sieht das natürlich anders aus. Die Höchstgeschwindigkeit der Verbindungsbahn über Holstenstraße und Sternschanze liegt immerhin noch bei 70 Kilometern die Stunde. Das liegt an der Lage der Strecke. Hier verlaufen die Schienen in einer Kurve ähnlich wie bei einer abgeschrägten Rennstrecke. Was vielleicht ein wenig komisch klingt, ist leicht zu begründen. Denn durch die sogenannte „Überhöhung“ befinden sich die zwei Schienen in einer Kurve auf verschiedenen Höhen. Was das genau bedeutet?

Es handelt sich hierbei um eine Querneigung einer Fahrbahn zum Kurveninneren. Dadurch sollen die aus der Zentrifugal- und Gewichtskraft des Fahrzeugs resultierenden Kräfte möglichst senkrecht zur Fahrbahn wirken. So kann der Zug in der Kurve höhere Geschwindigkeiten fahren. Und achtet mal drauf: Wenn ihr mit der S-Bahn in eine Kurve fahrt, schwappt euer Kaffee nicht aus dem Becher – auch das ist das Ergebnis der Überhöhung. In erster Linie sollt ihr aber natürlich in den Kurven sicher sitzen und stehen können.

Die Signaltechnik ist entscheidend

Noch ein anderer Faktor bestimmt die Geschwindigkeit auf den S-Bahn-Schienen: die Signaltechnik. Sie reguliert auch die Mindestzugfolgezeit der Züge. Denn der Bremsweg eines Fahrzeugs muss immer gewährleistet sein, damit kein Zug auf einen anderen auffahren kann. Dafür müssen bestimmte Signalabstände eingehalten werden. Ein Signalblock definiert den Abstand von zwei Signalen, in dem sich nur ein Zug zur gleichen Zeit aufhalten darf, um den benötigten Bremsweg einhalten zu können. Und hier gilt die gleiche Regel wie bei Autos: Je schneller ein Zug fährt, desto länger wird auch der Bremsweg.

Aus diesem Grund wird im Citytunnel zum Beispiel auch nur mit 50 km/h gefahren, da hier in der Hauptverkehrszeit alle zwei Minuten eine S-Bahn durchfahren kann. Dementsprechend sind auch die Signalblöcke kürzer. Wie schnell ein Triebfahrzeugführer wo fahren darf, ist in dem Buchfahrplan niedergeschrieben oder durch einzelne Geschwindigkeitssignale entlang der Gleise angezeigt.

Bei der S-Bahn Hamburg beeinflussen Witterungszustände wie Regen, Schnee oder auch Laub auf der Fahrbahn das Beschleunigen und Bremsen. Der „Schmierfilm“, der im Herbst durch das Laub auf den Schienen entsteht, führt dazu, dass die Schiene beim Anfahren oder Bremsen nicht mehr so griffig ist und somit langsamer gefahren werden muss, was die Fahrtzeit verlängert.

Und was passiert bei Gleisschäden?

 Natürlich muss auch hier die Geschwindigkeit gedrosselt werden, dies ist aber nicht für die Fahrgäste spürbar. Sind die Gleisschäden stärker ausgeprägt, werden die betroffenen Abschnitte gesperrt und die S-Bahnen umgeleitet. Auch bei Baumaßnahmen oder Arbeiten am Gleisrand wird mit einer geminderten Geschwindigkeit gefahren – hauptsächlich zum Schutz der Mitarbeiter. Generell gilt zudem, dass – ähnlich wie in Kurven – auch über Weichen im abzweigenden Strang nicht mit vollem Tempo gefahren werden darf. Aber auch das merkt der Fahrgast nur minimal.

Wie funktionieren eigentlich Weichen?

Können Verspätungen aufgeholt werden?

Wenn sich ein Zug verspätet, sind auch die Folgezüge der Strecke betroffen. Das liegt an den Signalblöcken. Denn ist dieser nicht frei, kann auch kein anderer Zug diesen Abschnitt befahren. Ein Beispiel: Die S31 nach Hammerbrook kann nur pünktlich in den Hauptbahnhof einfahren, wenn die S21 auch planmäßig unterwegs ist, da sonst der Blockabschnitt vom Fahrdienstleiter nicht freigegeben werden kann.

Entgegen der Erwartungen können verspätete Züge aber nicht einfach überholt werden. Denn der Systemanschluss sieht vor, dass die Reihenfolgen bestimmter Züge eingehalten werden. Nur so können Fahrgäste auch Anschlusszüge erreichen und sich auf das Fahrsystem der S-Bahn Hamburg verlassen. Verspätungen können nur durch verkürzte Haltezeiten eingehalten werden. Das funktioniert wiederum auch nur, wenn alle Fahrgäste vor Ablauf der Haltezeit in den Zug eingestiegen sind.

Wie werden Geschwindigkeitsregularien bestimmt?

Wir erklären es euch anhand eines Beispiels:  Auf der Strecke zwischen Hammerbrook und Veddel war bis vor kurzem die erlaubte Höchstgeschwindigkeit 100 km/h. Da dort nun der neue Haltepunkt Elbbrücken entstehen soll, muss die Überhöhung im zukünftigen Bahnsteigbereich verringert werden, damit der Zug nicht zu schräg am Bahnsteig steht. Das bedeutet aber auch, dass durch die geringere Überhöhung das Tempo von 100 km/h auf 90 km/h gedrosselt werden muss. Dementsprechend wird auch die Fahrzeit und der Fahrplan angepasst.

Ein anderes Beispiel: Auf der geplanten Strecke der S4 zwischen Hasselbrook und Ahrensburg soll eine Höchstgeschwindigkeit für die Trassierung der Fahrbahn bestimmt werden. Theoretisch könnte man für die S-Bahn die Fahrbahn für 200 km/h dimensionieren. Die Geschwindigkeit steht jedoch in Abhängigkeit der Stationsabstände. Da diese auf der geplanten Strecke verhältnismäßig kurz sind, werden zwischen Hasselbrook und Rahlstedt 100 km/h und zwischen Rahlstedt und Ahrensburg 140 km/h nicht überschritten  und die Überhöhung für dieses Tempo entsprechend trassiert. Die gefahrene Geschwindigkeit ist also vor allem vom Verlauf einer Strecke abhängig – nicht unbedingt von den Zügen.