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BIP-Wachstumsprognosen: Welche europäischen Volkswirtschaften wachsen am stärksten?

19. Dezember 2025

Nach Jahren lahmen Wachstums hat die Eurozone eine Phase hartnäckiger Inflation und restriktiver Zinssätze hinter sich gelassen. Da das Wachstum weiterhin ganz oben auf der politischen Agenda steht, welches Land wird in den kommenden Jahren voraussichtlich am schnellsten wachsen?

Ein Wirbelwind makroökonomischer Kräfte hat 2025 an Dynamik gewonnen, wobei politische Unruhen und wechselnde Geldpolitik Analysten auf Trab halten. Nach einem Nach-Pandemie-Boom im Jahr 2021 und einer anschließenden Verlangsamung war dieses Jahr von Handelskriegen, Tarifdrohungen und fallenden Zinssätzen geprägt.

Kräfte wie künstliche Intelligenz und verbesserte finanzielle Bedingungen sollen laut OECD das weltweite Wachstum in den kommenden Jahren antreiben. Dennoch bleiben Risiken für das Produktionspotenzial — einschließlich der Schwächung der Arbeitsmärkte. Wachstumsprognosen unterscheiden sich auch erheblich von Land zu Land, da sich die globale Ordnung verschiebt, wobei Veränderungen insbesondere mit technologischer Entwicklung und Ressourcen-Dominanz verknüpft sind — neben anderen Faktoren.

OECD-Prognosen deuten darauf hin, dass das reale BIP-Wachstum der Eurozone im Jahr 2025 hinter den beiden größten Volkswirtschaften der Welt, den USA und China, zurückbleiben wird. Doch was wird 2026 und 2027 bringen? Und wie stehen einzelne Länder innerhalb der Eurozone da?

Wachstum im Jahr 2025: Finnland hinkt hinterher

Bis Ende 2025 wird Irland voraussichtlich das stärkste Wachstum im Vergleich zu anderen OECD-Ländern verzeichnen, und zwar 10,2%. Dieser Anstieg wird laut dem OECD Economic Outlook-Bericht, der im Dezember 2025 veröffentlicht wurde, durch vorgezogene Pharmaexporte vor den US-Zöllen getrieben.

Nach einer Reihe von Drohungen zu Beginn dieses Jahres kündigte US-Präsident Donald Trump Zölle von bis zu 100% auf importierte Pharmazeutika ab dem 1. Oktober an. Trump sagte, Ausnahmen würden Unternehmen gewährt, die eine amerikanische Produktionsstätte errichten. Die EU hat dennoch erklärt, dass ihre Exporte gemäß einem früheren Handelsabkommen geschützt seien, und US-Zölle auf Waren der EU auf 15% gesetzt.

Irland sticht in der OECD-Bewertung als Ausreißer hervor, da die nächsten am schnellsten wachsenden Länder Türkei mit 3,6% und Polen mit 3,3% sind.

Dennoch ist das Bruttoinlandsprodukt Irlands oft ein irreführender Indikator, wegen der Struktur der Volkswirtschaft. Aufgrund der traditionell niedrigen Unternehmenssteuersätze beherbergt Irland eine große Anzahl multinationaler Unternehmen, die Gewinne im Land ausweisen, wodurch das BIP künstlich verzerrt wird.

Am unteren Ende der OECD-Bewertung wird erwartet, dass Finnland im Jahr 2025 kein Wachstum verzeichnet. Eine schwache Konsumentenstimmung und stark fallende Bautätigkeiten zur Korrektur eines Überangebots haben die Produktion stark belastet, erklärte die OECD.

Nächstes Jahr: 1,2% Wachstum in der Eurozone

Das reale BIP-Wachstum der Eurozone wird voraussichtlich von 1,3% im Jahr 2025 auf 1,2% im Jahr 2026 abklingen, bevor es 2027 auf 1,4% steigt.

Zunehmende Handelshemmnisse werden durch verbesserte Finanzierungsbedingungen, fortlaufende Kapitalausgaben aus Mitteln der Wiederaufbau- und Resilienzfazilität (RRF) und widerstandsfähige Arbeitsmärkte ausgeglichen, so die OECD.

Die RRF ist das zentrale Instrument, um die EU-Wirtschaften stärker und widerstandsfähiger aus der Pandemie hervortreten zu lassen. Im Rahmen der Wiederaufbau- und Resilienzfazilität leiht die Europäische Kommission an den Kapitalmärkten durch die Emission von Anleihen im Namen der EU. Die aufgenommenen Mittel gelangen dann den Mitgliedstaaten zur Unterstützung größerer Reformen und Investitionen.

Drei europäische Volkswirtschaften führen das Feld an

Im Jahr 2026 wird unter 27 europäischen Ländern das reale BIP-Wachstum voraussichtlich von 0,6% in Italien bis 3,4% in Polen und der Türkei reichen. Litauen folgt mit 3,1%. Diese drei Länder sind die einzigen, denen prognostiziert wird, dass sie den globalen Durchschnitt von 2,9% übertreffen.

Auf der unteren Seite folgen Österreich und Finnland (je 0,9%) Italien. Sie sind die einzigen Länder mit einem Wachstum unter 1%.

Spanien führt das Wachstum unter den Top-Fünf-Wirtschaften an

Die OECD schätzt, dass Spanien 2026 ein Wachstum von 2,2% verzeichnen wird. Das ist die höchste Rate unter Europas Top-Fünf-Wirtschaften und deutlich vor dem nächsten Nachbarn, dem Vereinigten Königreich, mit 1,2%.

„[In Spanien] wird eine starke Beschäftigungszunahme und reale Lohnsteigerungen die private Konsum weiterhin stützen. Das Investitionswachstum wird durch die fortgesetzte Umsetzung des Recovery, Transformation and Resilience Plan (RTRP) und sinkende Finanzierungskosten gestützt“, heißt es im Bericht.

Spaniens direkte Abhängigkeit von US-Zöllen ist gering, da Güterexporte in die Vereinigten Staaten nur 1,1% des BIP ausmachen.

In Großbritannien belasten hingegen Staatsausgaben-Limits und Unsicherheit ebenfalls das Tempo des Wachstums. Der Arbeitsmarkt kühlt ab: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist im Jahresvergleich bis September um ca. 0,4% gesunken, und die Zahl offener Stellen ist im gleichen Zeitraum um fast 14% zurückgegangen.

Deutschland und Frankreich werden voraussichtlich um je 1% wachsen, während Italien mit 0,6% das niedrigste Wachstum verzeichnet.

„Eine fiskalische Expansion wird voraussichtlich die wirtschaftliche Aktivität in Deutschland steigern, was sich in höheren Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur widerspiegelt; jedoch wird eine Konsolidierung in Frankreich und Italien das Wachstum dämpfen“, so der OECD-Bericht.

Top-Fünf-Wirtschaften im Jahr 2027

Im Jahr 2027 wird Spanien erneut das höchste reale BIP-Wachstum unter den Top-Fünf-Wirtschaften verzeichnen, obwohl der Wert auf 1,8% sinken wird. Deutschland wird voraussichtlich von 1% auf 1,5% zulegen. Das Vereinigte Königreich und Italien werden im Vergleich zu 2026 lediglich eine Steigerung um 0,1 Prozentpunkt verzeichnen, während Frankreich unverändert bei 1% bleibt.

Die OECD geht davon aus, dass die Türkei im Jahr 2027 das höchste Wachstum unter den 27 europäischen Ländern mit 4,0% erreichen wird. Laut der Organisation werden höhere Zölle Exporte abschwächen, doch der Einfluss dürfte relativ gering und vorübergehend sein. Verbesserte Finanzierungsbedingungen werden Privaten Konsum und Investitionen in 2026 und 2027 unterstützen, was wiederum die Importe ankurbeln wird. Auch der Rückgang der Inflation dürfte weitergehen.

Allmähliche Erholung in Finnland

Nach einer Rezession im Jahr 2025 wird Finnland eine deutliche Verbesserung sehen, mit einem BIP-Wachstum von 0,9% in 2026 und 1,7% in 2027.

„Niedrigere Zinssätze, ein sich stabilisierender Immobilienmarkt, steigende Verteidigungsausgaben und stärkeres Wachstum der Handelspartner werden die Erholung unterstützen“, heißt es im Bericht. Allerdings bleiben US-Zölle, globale Unsicherheit und fiskalische Konsolidierung Gegenwind.

Lennart Krüger

Lennart Krüger

Ich bin Lennart Krüger, Redakteur bei S-Bahn Hamburg. Ich schreibe über Stadtleben, Kultur und alles, was Hamburg bewegt – von neuen Projekten bis zu verborgenen Geschichten. Meine Leidenschaft: die Vielfalt dieser Stadt in Worte zu fassen.