Das Magazin der S-Bahn Hamburg

Ein Tag mit #5 – Lars Suhr

Er ist eine der Stimmen am Hamburger Hauptbahnhof: Lars Suhr arbeitet als örtliche Aufsicht an den Gleisen der S-Bahn Hamburg. Wir haben ihn bei seiner Schicht begleitet.

Lars Suhr steht selten still. Als wir den 36-Jährigen bei seiner Schicht begleiten, wird dies direkt zu Beginn deutlich: Wir stehen an dem Häuschen, der sogenannten Aufsicht, zwischen Gleis 1 und 2 und klopfen vorsichtig ans Fenster. Er lächelt, gibt uns zu verstehen, dass er gleich für uns da ist und kurz darauf ist seine Stimme durch die Lautsprecher zu hören: „Gleis 1 in Richtung Altona über Jungfernstieg, zurückbleiben bitte.“ 

Für den Wahl-Hamburger, der in Rahlstedt lebt, gilt bei der Arbeit das höchste Maß an Aufmerksamkeit. Er ist das Sprachrohr zwischen Fahrdienstleiter, Triebfahrzeugführer und Kunde. „Ja, man muss auf Zack sein“, stimmt uns Lars Suhr zu, als wir feststellen, dass er scheinbar nicht viele Ruhephasen während seiner Arbeit hat.

1998 hatte er die Wahl zwischen der Deutschen Bahn und der Lufthansa. Er entschied sich für die Schienen – und hat dies nie bereut. Damals machte Suhr eine Ausbildung zum Kaufmann für Verkehrsservice und hat danach zunächst Fahrkarten im Reise-Zentrum Altona verkauft. Seitdem hat er schon so einige Stationen im Kundenservice der Bahn durchlebt: Lars Suhr war bereits Gastronomie-Mitarbeiter, Zugbegleiter und Zugführer im Fernverkehr sowie Kundenbetreuer im Nahverkehr.

Mit einer kleinen Pause ist er nun seit 2014 in der örtlichen Aufsicht am Hauptbahnhof im Einsatz. Von hieraus, in den beiden Aufsichten auf den Bahnsteigen zwischen den Gleisen 1 und 2 sowie 3 und 4, fertigt Lars Suhr mit seinen Kolleginnen und Kollegen die Züge ab. Eine Besonderheit – denn nur noch am Hauptbahnhof gibt es eine durchgehend besetzte örtliche Aufsicht. An den anderen Haltestellen erfolgt die sogenannte „Selbstabfertigung durch den Triebfahrzeugführer“ (SAT).

Zudem informieren die Mitarbeiter der örtlichen Aufsicht die Fahrgäste am Gleis über die einfahrenden Züge, Fahrplanabweichungen und Alternativverbindungen. Wenn er nicht gerade eine Ansage über das Mikrofon spricht, steht Suhr im Austausch mit den Fahrdienstleitern oder überwacht den Ein- und Ausstieg der Fahrgäste. Erst, wenn er das ‚Go’ gibt, kann ein S-Bahn-Zug den Hauptbahnhof wieder verlassen.

Dabei arbeiten die Aufsichten tagsüber in Zweierteams. Alleine wäre eine Schicht nicht machbar: Es gibt schließlich nicht nur zwei Gleise mit durchgängigem Zugverkehr, die Stellwerke und die Kunden. Wenn ein Langzug mit neun Wagen in den Hauptbahnhof an Gleis 1 einrollt, muss einer der beiden Kollegen direkt am hinteren Ende des Bahnsteigs den Kurvenbereich überwachen. Denn hier ist der Abstand zwischen Gleis und Zug besonders groß, worauf die Fahrgäste bereits mit einer Durchsage im Zug aufmerksam gemacht werden.

Der Rahlstedter schätzt an seinem Job besonders den Schichtdienst. Arbeitet er zum Beispiel früh, von 6 bis 13 Uhr, kann er den Rest des Tages noch für Erledigungen oder Freizeit verplanen. Auch wenn es manchmal komisch ist, im Tunnel an Gleis 1 und 2 erst nach der Schicht herauszufinden, wie das Wetter ist. „Sehe ich viele Menschen mit Regenschirmen am Gleis stehen, dann weiß ich aber, dass ich draußen nicht viel verpasse“, schmunzelt er.

Was die besondere Herausforderung an seinem Job ist? „Die unterschiedlichen Verhaltensweisen der Fahrgäste.“ Egal, ob Gegenstände eingeklemmt werden, ein Gast die schließende Tür noch aufhalten will oder ein Tourist die Bahn zum Flughafen sucht: Lars Suhr ist für alle da und findet zeitnah eine Lösung. Fundsachen sind immer wieder auf der Agenda der örtlichen Aufsicht. Auch ein Kinderwagen mit Kind, jedoch ohne Eltern, war schon darunter. „Da ist es besonders wichtig, nicht in Hektik auszubrechen, sondern ruhig und sachlich zu handeln.“ Am Ende haben Kind und Eltern dann auch wieder zueinander gefunden. 

Lars Suhr erklärt uns die Technik in der Aufsicht: „Per Knopfdruck haben wir einen direkten Draht zum Stellwerk. Auf diese Weise kann ich mit dem Fahrdienstleiter kommunizieren und werde schnellstmöglich über eventuelle Störungen informiert.“ Weitere Knöpfe sind für die Bahnsteigbeschallung zur Kundeninformation und für die Zugabfertigung: Die örtliche Aufsicht gibt dem Triebfahrzeugführer ein Signal zum Türen schließen und ein weiteres zum Abfahren.

Wir wollen zudem wissen, ob sich Lars Suhr schon einmal bei der Ansage verhaspelt hat: „Also, Standardansagen kann ich im Schlaf“, schmunzelt er. Kaum sind diese Worte gesagt, wird Lars Suhr schon im kleinen Hinterraum der Aufsicht erwartet. Der Fahrdienstleiter meldet einen Schienenbruch in Richtung Bergedorf. Dadurch wird ein Zug der Linie S21 ausfallen.

Nun gilt es, die Fahrgäste über den Zugausfall zu informieren, Alternativen aufzuzeigen und Kundenfragen direkt vor der Aufsicht zu beantworten. Wir schaffen es noch, uns kurz von Lars Suhr und seinem Kollegen zu verabschieden, ehe wir auf dem Bahnsteig wieder seine Stimme durch die Lautsprecher hören, die uns mitteilt: „An Gleis 1 Einfahrt S3 in Richtung Elbgaustraße!“

Ihr wollt wissen, wie der Tag eines Triebfahrzeugführers aussieht?

Dann begleitet Björn Töpper bei seiner Schicht hier!