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Waffen Made in Germany? Warum die Bundeswehr nicht nur im Inland Waffen kauft

25. Dezember 2025

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Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius investiert Milliarden in europäische und internationale Systeme, von tschechischen Pistolen bis zu US-Kampfjets. Warum werden diese Waffen nicht von deutschen Herstellern bezogen?

Deutschland hat 2025 24 Milliarden Euro für Militärbeschaffungen ausgegeben, mit Fokus auf europäische Lieferanten, während man sich auf US-Systeme stützt, wo inländische Fähigkeiten fehlen, um die Modernisierung voranzutreiben – und zwar zügig.

Die Beschaffungsbilanz der Streitkräfte für 2025 zeigt, dass die Modernisierung trotz hoher Nachfrage vorangekommen ist, vor allem dank vereinfachter Verfahren und zahlreicher Bundestagsbeschlüsse.

Hauptsächlich durch den Sonderhaushalt finanziert, führte die Bundeswehr 149 Beschaffungsprojekte durch. Zahlreiche neue Systeme wurden bereits geliefert oder befinden sich in der Einführung.

Ein Schwerpunkt lag bei der Armee, mit weiteren Lieferungen des Infanterie-Kampffahrzeugs Puma, hergestellt von KNDS Deutschland und Rheinmetall Landsysteme.

Allerdings werden nicht alle Waffensysteme der Bundeswehr in Deutschland hergestellt. Die Mehrzahl der Beschaffungsverträge soll europäischen Herstellern zugesprochen werden, nur etwa 8% sollen aus den USA bezogen werden, wie Euronews im September berichtete.

Wo Deutschlands Fähigkeiten an ihre Grenzen stoßen

Zu den Waffensystemen, die nicht in Deutschland hergestellt werden, gehören die F-35-Kampfflugzeuge, das P-8A Poseidon-Maritimes-Aufklärungsflugzeug für die Marine und die Tomahawk-Marschflugkörper aus den USA.

Doch auch in Europa erfolgen Käufe, beispielsweise der Ersatz der P8-Pistole der Bundeswehr durch die tschechische CZ P13.

Neben deutschen Luftverteidigungssystemen wie dem IRIS-T hat die Bundeswehr das Arrow-3-Raketenabwehrsystem erworben, das in Zusammenarbeit zwischen den USA und Israel entwickelt wurde.

Diese Systeme sind von enormer Bedeutung für die Bundeswehr, insbesondere der F-35-Kampfjet, der aufgrund der hochkomplexen und sensiblen Technologien außerhalb der USA nicht hergestellt werden kann.

Darüber hinaus hindern spezialisierte Produktionsanlagen, Exportkontrollen wie ITAR und strategische Interessen daran, das Kampfflugzeug im Ausland herzustellen.


An F35 fighter aircraft of the Australian Air Force during the „Talisman Sabre 2025“ exercise, 14 July 2025


Bereits wird darüber diskutiert, ob europäische Jets, wie der schwedische Gripen, die F-35 ersetzen könnten.

Doch auch das ist nicht so einfach, wie es klingt: Berichten zufolge ist die F-35A – das Modell, das auch die Bundeswehr erhalten wird – dafür zertifiziert, die US-B61-12-Nuklearbombe zu tragen.

Das bedeutet, dass der Jet sowohl konventionelle als auch nukleare Waffen tragen kann und als potenzielle Nachfolgeplattform für ältere nuklearfähige Flugzeuge wie den Tornado im Rahmen der NATO-Nuklearen Teilhabe gesehen wird.

Eine weitere Option war das französisch-deutsch-spanische Future Combat Air System (FCAS), das darauf abzielt, den „Luftkampf der Zukunft“ neu zu definieren, während die Unabhängigkeit von nicht-europäischen Partnern gewahrt bleibt.

Das Projekt befindet sich jedoch in einer schwierigen Phase: Obwohl die drei Länder politisch verpflichtet bleiben, verzögern andauernde industrielle Konflikte, insbesondere zwischen Airbus und Dassault Aviation über Führungsrollen und Anteile am Next Generation Fighter, den Fortschritt.

Ziel des FCAS ist nicht ein einzelnes Kampfflugzeug, sondern ein vernetztes „System von Systemen“, bestehend aus einem bemannten Kampffflugzeug, unbemannten Begleitdrohnen und einer digitalen Kampf-Cloud.

Der Erstflug des neuen Jets wird frühestens um 2030 erwartet, die Einsatzbereitschaft eher ab 2040. Es ist jedoch unklar, ob Terminplan und Kosten eingehalten werden können.

Politischer Balanceakt

Obwohl ungefähr 80 % der Verteidigungsausrüstung in Deutschland beschafft werden, ist vollständige Unabhängigkeit auch politisch schwer zu erreichen.

Auf einem NATO-Treffen Anfang Dezember kritisierte der US-Staatssekretär des Außenministeriums Christopher Landau europäische Länder dafür, ihre eigene Verteidigungsindustrie über US-Lieferanten zu stellen.

Er forderte Europa auf, seine Verteidigungsausgaben in operative Kapazitäten umzuwandeln und keine US-Unternehmen vom Markt auszuschließen.

Auch die kürzlich veröffentlichte US-Nationale Sicherheitsstrategie betont, dass „von militärischen Allianzen bis zu Handelsbeziehungen und darüber hinaus die Vereinigten Staaten darauf bestehen werden, fair behandelt zu werden von anderen Ländern.“

„Wir werden uns nicht länger Freiräder, Handelsungleichgewichte, räuberische Wirtschafts-praktiken und andere Zwangsmaßnahmen mehr leisten, die das historische Ansehen unseres Landes schädigen und unsere Interessen beeinträchtigen,“ heißt es in der Strategie.

In einem Interview mit Euronews erklärte Ben Hodges, pensionierter Generalleutnant der United States Army, dass „wo Deutschland seine Verteidigungsgeräte einkauft, in erster Linie davon abhängen sollte, was der Bundeswehr die beste Fähigkeit verleiht.“

Allerdings räumt er ein, dass es Systeme gibt, die Deutschland derzeit nicht herstellen kann — oder will.

Der Sicherheitsexperte Dr. Christian Mölling erklärte auch der deutschen Zeitung Bild, dass eine reine Produktion in Deutschland aufgrund von Zeitmangel nicht machbar sei.

Wenn die neue Pistole für die Truppe in Deutschland hergestellt worden wäre, hätte das neue Fabriken, staatliche Vorauszahlungen und Zeit benötigt, so Mölling.

Standardisierung der europäischen Verteidigungsfähigkeiten

Ein weiterer Grund für die europäische Beschaffung ist der Wunsch nach größerer Standardisierung und verbesserter Zusammenarbeit der Streitkräfte des Kontinents.

Die EU fördert die gemeinsame Beschaffung von Verteidigungsausrüstung, um den stark fragmentierten europäischen Ausrüstungsmarkt zu standardisieren und Doppelbeschaffung zu reduzieren. Wenn mehrere Armeen dieselben oder kompatible Systeme verwenden, werden gemeinsame Einsätze deutlich erleichtert.

Dementsprechend sollen Programme wie EDIRPA und das European Defence Industry Programme (EDIP) die Mitgliedstaaten dazu bewegen, isolierte nationale Beschaffungen zu beenden und gemeinsam zu investieren.

Ziel ist eine besser koordinierte europäische Verteidigungsindustrie und technisch harmonisierte Waffensysteme.

Langfristig wird dies laut der EU-Strategie nicht nur Effizienz und Solidarität stärken, sondern auch die militärische Integration Europas und die Fähigkeit zu einer gemeinsamen Verteidigung fördern.

Lennart Krüger

Lennart Krüger

Ich bin Lennart Krüger, Redakteur bei S-Bahn Hamburg. Ich schreibe über Stadtleben, Kultur und alles, was Hamburg bewegt – von neuen Projekten bis zu verborgenen Geschichten. Meine Leidenschaft: die Vielfalt dieser Stadt in Worte zu fassen.