In dem Text seiner Neujahrsansprache beschreibt der Kanzler eine Welt im permanenten Krisenmodus und beharrt auf seiner Fähigkeit zu handeln. Die Rede wird am 31. Dezember ausgestrahlt.
In seiner ersten Neujahrsrede seit seiner Wahl zum deutschen Bundeskanzler bei den Blitzwahlen im Februar beschreibt Friedrich Merz eine Welt, die unsicher, konfliktreich und zunehmend fragmentiert ist.
Doch er versuchte auch, Deutschland in diesem sich verändernden Umfeld neu zu positionieren, und zeichnete kein Bild der Beschwichtigung, sondern des Selbstvertrauens.
„Wir sind kein Spielball der Großmächte“, sagte Merz und widersprach damit offen dem Gefühl vieler, dass Deutschland angesichts globaler Krisen an Einfluss und Kontrolle verliere.
Stattdessen hob Merz Deutschlands eigene Handlungsfähigkeit hervor und wies darauf hin, dass das Land weder Opfer äußerer Umstände noch machtlos gegenüber internationalen Entwicklungen sei.
Merz berührte außerdem die russische Invasion der Ukraine in vollem Umfang und erinnerte das Publikum daran, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer erneut mit extremen Bedingungen ins neue Jahr starten, mit wenig Sicherheit, manchmal ohne Strom und oft unter ständigem Beschuss.
Gleichzeitig machte er deutlich, dass der Krieg nicht vor Deutschlands Grenzen endet. Sabotage, Spionage und Cyberangriffe, oft Russland zugeschrieben, sind längst Teil des täglichen Lebens in Deutschland, und Merz sagte, solche Destabilisierungsbemühungen würden sich an ganz Europa richten.
Deutschland sei jedoch ein sicheres Land, sagte Merz, und ergänzte, dass diese Sicherheit nicht als selbstverständlich hingenommen werden könne und dass Europa seine Abschreckungsfähigkeit stärken und seine eigenen Interessen konsequenter verteidigen müsse.
Merzs Neujahrsansprache schien absichtlich allgemein gehalten zu sein, aber er legte dennoch deutlich Wert auf eine größere europäische Unabhängigkeit in Sicherheitsfragen.
Neben der Außenpolitik sprach Merz auch über strukturelle Veränderungen, die das Land langfristig prägen werden. Er nannte globalen Protektionismus, strategische Abhängigkeiten von Rohstoffen und die sich verändernde Beziehung zu den USA als potenzielle Risiken für Wohlstand und Stabilität.
Auch hier verband er Diagnose und Zielsetzung: Deutschland und Europa müssen lernen, sich weniger verwundbar zu machen.
Bezüglich der Innenpolitik räumte der Kanzler ein, dass viele Menschen von den bislang umgesetzten Reformen kaum Notiz genommen hätten. Zugleich kündigte er weitere grundlegende Reformen an, insbesondere im Rentensystem und im Wohlfahrtsstaat. Merz nannte demografische Veränderungen, steigende Kosten und technologischen Umbruch als Gründe für die Notwendigkeit der Anpassung.
Der Ausblick der Rede richtete sich auf das Jahr 2026, ein Jahr, das laut Merz ein Moment des Neuanfangs für Deutschland und Europa sein könnte. Das erfordert Vertrauen in Deutschlands Stärke, in Reformen und in demokratische Prozesse, auch wenn diese oft langwierig und konfliktträchtig seien, so Merz.