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Gebrochene Versprechen: Indische Studierende an einer Berliner Universität drohen Abschiebung statt Abschluss

23. Dezember 2025

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Hohe Studiengebühren und noch größere, gebrochene Versprechen. Für indische Studierende an der International University (IU) hat sich der Traum vom Studium in Deutschland in einen Albtraum verwandelt. „Mein Leben fühlt sich wie die Hölle an“, sagte einer von ihnen Euronews.

Deep Shambarkar hätte nie gedacht, dass sein Studium in Deutschland so enden würde.

Der 25-Jährige zog im Juli letzten Jahres von Maharashtra in Indien nach Berlin, um einen Master in Betriebswirtschaftslehre zu absolvieren. Er hatte sich an der privaten International University, oder kurz IU, eingeschrieben.

Shambarkar hat bereits rund 20.000 Euro in sein Studium investiert – eine beachtliche Summe für den jungen Mann. Er hatte sich ein Studentendarlehen bei einer indischen Bank aufgenommen.

„Ich glaube nicht, dass die Universität mir das Geld zurückzahlen wird“, erklärte er. Andere mussten bereits ihr Studium abbrechen und blieben auf den Kosten sitzen.

Anstelle seiner Masterarbeit muss er sich nun mit den Behörden auseinandersetzen.

Sein Visum sollte im Sommer verlängert werden. Doch plötzlich landete ein gelber Umschlag von der Berliner Ausländerbehörde (LEA) im Briefkasten von Shambarkar: eine Aufforderung, das Land zu verlassen bis zum 3. November, oder man droht mit Abschiebung.

Gebrochene Versprechen

„Ich denke, es liegt daran, dass die Universität möglicherweise nicht die richtige Akkreditierung für ihre Kurse hatte“, sagte Shambarkar. In einem ähnlichen Fall hatte ein Student bereits vor Gericht verloren.

„Man sagte, die entsprechende Infrastruktur fehle. Es gibt zu wenige Professoren an der Universität.“ Shambarkar hat auch Einspruch erhoben. Aber er hat wenig Hoffnung.

Seit März werden zunehmend Studierende aufgefordert, das Land zu verlassen. Er kennt rund 300 Fälle, sagte Shambarkar. Grund dafür ist, dass die Behörden IU-Studien nicht als Präsenzunterricht anerkennen.

Studierende hätten ihn auch remote abschließen können – in Shambarkars Fall aus Indien. Ihnen wurde ein Studienprogramm in Deutschland versprochen.

‚Ein Jahr Verschwendung‘

Tanishq wurde ebenfalls über UpGrad an der Universität platziert. Der 20-Jährige aus Delhi hat gerade das erste Jahr seines Bachelorstudiums in Betriebswirtschaft abgeschlossen.

Er sollte im September sein Studium in Berlin fortsetzen. Stattdessen steckt er in Indien fest. Sein Visum wurde noch nicht erteilt.

„Ich fühle mich betrogen“, sagt er Euronews in einem Video-Interview.

Einer seiner Freunde studiert bereits in Deutschland. „Er sagt, ich sei glücklich, dass ich mein Visum nicht bekommen habe. Andernfalls wäre ich auch abgeschoben worden“, sagt Tanishq.

In Indien hat er zumindest die Unterstützung seiner Familie. „In Deutschland haben Studierende nichts“, sagt der indische Staatsangehörige.

Tanishq würde das Erlebnis am liebsten einfach vergessen. Er hat schon viel Zeit investiert – „ein Jahr verschwendet“, wie Tanishq es ausdrückt.

Dennoch will er seinen Traum, in Deutschland zu studieren, nicht aufgeben und plant, es mit einer anderen Universität erneut zu versuchen. „In der Zwischenzeit lerne ich Deutsch. Ich habe bereits das B1-Niveau.“

Reine Enttäuschung

Einfach abhaken und alles vergessen – das ist für Shambarkar kaum eine Option. „Ich habe viel Zeit und Geld investiert“, erklärt er.

Eine weitere Universität kommt ebenfalls nicht in Frage, da Shambarkar befürchtet, dass ihnen seine Leistungen nicht anerkannt würden.


Deep Shambarkar, student at the IU, Berlin on 17.12.2025


Er hofft dennoch, seinen Abschluss an der IU zu machen, und benötigt dafür schließlich etwa sechs Monate. „Ich habe nur noch einige Module und die Masterarbeit übrig“, sagte Shambarkar.

Als Reaktion auf eine Anfrage von Euronews teilte die IU mit, die Universität „bereue“, dass Studierende gehen müssen.

Zu Beginn des Jahres 2025 änderte die LEA ihren Ansatz für Hybridstudiengänge „ohne IU International University zu informieren“.

Neue Studienregelungen werden 2026 in Kraft treten. „Dies soll sicherstellen, dass die Präsenzstudiengänge alle regulatorischen Anforderungen für die Visumaßnahmen erfüllen.“

Insbesondere sei die Änderung der Visapolitik der LEA für Studierende „die unter unterschiedlichen Bedingungen ins Land gekommen sind“ unverständlich, so die Universität.

In einigen Fällen könnten Studierende ihr Studium kostenfrei in ihren Heimatländern abschließen.

‚Mein Leben fühlt sich an wie die Hölle‘

Rückblickend war das Studienprogramm „enttäuschend“, sagte Shambarkar. „Ich hatte nie das Gefühl, dass ich an einer Universität bin. Es gab nur wenige Klassenräume, wenige Kurse. Ich habe das richtige Studienprogramm für mich gewählt, aber nicht die richtige Universität.“

Der Berliner Campus an der Frankfurter Allee wirkt eher büroartig als wie eine Universität. Hier in der Plaza, in der auch ein Einkaufszentrum untergebracht ist, hat die IU mehrere Etagen gemietet.

Die Universität nutzt hier rund 11.700 Quadratmeter umgebauter Hotelräumlichkeiten, zwischen einem Optiker und einem Supermarkt.

Die Kontaktaufnahme mit der Universität ist kompliziert, erklärt Shambarkar. Er erhielt von der IU nur wenig Unterstützung. „Sie bezahlen jetzt Anwälte, damit Studierende nicht ihr eigenes Geld für einen Einspruch ausgeben müssen“, behauptete er.

Shambarkar berichtete, er leide unter dem Druck.

„Es ist schwer, der Situation zu begegnen – geistig und körperlich“, sagte er. „Ich werde wie ein Krimineller behandelt.“

International University IU, Berlin, 17.12.2025

International University IU, Berlin, 17.12.2025


Ein weiteres Beispiel eines anderen Studenten, der anonym bleiben wollte, verdeutlicht, wie belastend das ist. „Ich fühle mich wie ein Versager. Die Situation hat meine Psyche massiv geschädigt. Manchmal habe ich das Gefühl, mein Leben gehe zu Ende“, sagte er Euronews.

Obwohl er legal nach Deutschland auf einem Studentenvisum gekommen ist und noch studiert, steht er ebenfalls am Rande einer Abschiebung.

„Ich habe keinen Appetit mehr und leide unter Albträumen und Schlaflosigkeit. Mein Leben fühlt sich wie die Hölle an.“ Die Behörden haben ihm einen Monat Zeit gegeben, das Land zu verlassen.

Umstrittenes Urteil

Mittlerweile will die IU laut Insiderberichten keine internationalen Studierenden mehr am Berliner Campus aufnehmen.

Eine von Euronews erhaltene Mitteilung lautet: „Aufgrund der andauernden rechtlichen und administrativen Unsicherheiten mit der LEA wird IU die Aufnahme neuer Studierender am Berliner Campus bis auf Weiteres aussetzen.“

Ein Gericht hat anerkannt, dass die IU die notwendige Akkreditierung für Studiengänge sowie genügend Personal und Infrastruktur besitzt.

Gleichzeitig hat das Gericht die Anforderungen verschärft, „einschließlich strengerer Anwesenheitskontrollen mit Sanktionen und Prüfungen, die ausschließlich auf dem Campus stattfinden.“

Die Richter hatten deutlich gemacht, dass das Urteil hoch umstritten sei. Es widerspreche dem Hochschulrecht.

Ein Sprecher des Berliner Landesamts für Einwanderung sagte Euronews, dass Aufenthaltsverlängerungen regelmäßig geprüft würden.

Der Fokus liege darauf, ob Bedingungen wie „ausreichender Lebensunterhalt, ordnungsgemäßes Vollzeitstudium, Passbesitz, kein Abschiebungsinteresse, zum Beispiel aufgrund von Straftaten“ erfüllt seien.

Studierende würden vorübergehend sogenannte „fiktive Bescheinigungen“ erhalten, was bedeutet, dass die Aufenthaltserlaubnis „gewährt oder abgelehnt“ werde. Dies gelte auch für IU-Studenten.

Die Universität plant nun die Eröffnung eines Campus in Köln. Die Eröffnung ist für Oktober 2026 vorgesehen.

Lennart Krüger

Lennart Krüger

Ich bin Lennart Krüger, Redakteur bei S-Bahn Hamburg. Ich schreibe über Stadtleben, Kultur und alles, was Hamburg bewegt – von neuen Projekten bis zu verborgenen Geschichten. Meine Leidenschaft: die Vielfalt dieser Stadt in Worte zu fassen.