Meisterin der Stickkunst Madina Kasimbaeva haucht der Taschkent-Suzani-Schule neues Leben ein. Ihre handgefertigten Textilien stärken Frauen und haben weltweite Anerkennung gefunden, von Katar bis zum British Museum.
In einer ruhigen Ecke der Taschkent-Suzukota Craftsmen’s Town erfüllt das rhythmische Geräusch von Nadeln, die durch Seide gleiten, die Luft. Umgeben von Stoffen, die in Granatapfelrot-, Indigo- und Goldtönen schimmern, arbeitet die Meisterin der Stickkunst Madina Kasimbaeva zusammen mit einem Team von Frauen, deren Finger Jahrhunderte Tradition tragen. Jeder Stich ist mehr als Stickerei; er setzt die kulturelle Identität Usbekistans fort.
Seit mehr als fünfundzwanzig Jahren widmet Kasimbaeva ihr Leben der Wiederbelebung und Neuerfindung des Suzani — des kunstvoll handgestickten Textils, das Usbekistans Kunst seit Generationen geprägt hat. Ihr Weg von einer kleinen Nachbarschaftswerkstatt zu internationalen Ausstellungen verkörpert die Ausdauer, Kreativität und den Stolz usbekischer Frauenhandwerkerinnen, die das Handwerk zu globaler Kunst gemacht haben.
Frühe Leidenschaft für die Stickerei
In Taschkent geboren und aufgewachsen, entdeckte Madina schon in jungen Jahren ihre Leidenschaft für die Stickerei. Als Kind saß sie oft neben ihrer Mutter und Großmutter und sah ihnen zu, wie sie Blumenkreationen auf Haushaltsstoffen nähten — eine gängige Szene in usbekischen Haushalten. Diese ersten Eindrücke wurden bald zu einer Berufung.
Sie verfeinerte ihre Fähigkeiten am Lyzeum für Dekorative und Angewandte Künste und später am Zentrum für Modedesign der Akademie der Künste Usbekistans, wo sie ihr Verständnis von Komposition, Farbe und Textilgeschichte vertiefte. In jener Zeit entwickelte Madina eine Faszination für die einst präsente Taschkenter „palyak“-Schule des Stickens — eine einzigartige Tradition, die durch kosmische Bildmotive der Sonne, des Mondes und der Sterne gekennzeichnet ist.
„Zu einem bestimmten Zeitpunkt war die Taschkenter Stickerei fast verschwunden“, erinnert sie sich. „Ich wollte sie zurückbringen — zu zeigen, dass diese Kunst noch existiert und dass sie der Welt in einer modernen Sprache begegnen kann.“
Vom Workshop zum Atelier
In den Anfangsjahren bestand Madinas Team aus einigen Nachbarinnen — Frauen und Mädchen aus ihrer Mahalla, die die Stickerei liebten. Sie begannen mit bescheidenen Projekten: Kissenbezüge, Tischdecken und einfache Kleidungsstücke. Mit der Zeit, als die Nachfrage wuchs, entwickelte sich die Werkstatt zu einem professionellen Kollektiv, das Suzani-Paneele, Handtaschen, Inneneinrichtung und sogar bestickte Möbel herstellte.
Bis 2006 gründete sie ihre eigene Marke — Suzani by Kasimbaeva — ein kreatives Atelier, das sowohl ein Produktionszentrum als auch eine Schule wurde. Heute beschäftigt das Atelier über hundert Frauen und hat fast tausend Lehrlinge ausgebildet. Viele haben eigene Werkstätten in ganz Usbekistan gegründet, wodurch die Verbreitung traditioneller Handwerkskunst erweitert und nachhaltige Lebensgrundlagen für Frauen geschaffen wurden.
„Was Suzani einzigartig macht“, erklärt Madina, „ist, dass alles von Hand gemacht wird. Der Stoff selbst wird von Hand gewebt, aus natürlichen Fasern — halb Seide, halb Baumwolle. Die Muster werden direkt auf das Tuch gezeichnet, ohne Computer oder Drucker. Selbst unsere Farbstoffe stammen aus Pflanzen und Mineralien, wodurch sich die Farben über Jahrzehnte hinweg lebendig halten.“
Wahrlich ist jedes Suzani eine in Stoff gestickte Geschichte. Ein einziges großes Panel kann sechs Monate zur Fertigstellung benötigen, wobei die Preise bis zu 5.000 € erreichen — nicht nur für die Materialien, sondern für die Kunstfertigkeit und das in jedem Stück verkörperte Erbe.
Internationale Anerkennung
Madina erlangte 2015 internationale Aufmerksamkeit mit ihrer Ausstellung Der Charme eines fernen Sterns, die die Wiederbelebung der Taschkenter Stickerei feierte. Seitdem sind ihre Kreationen von den Vereinigten Staaten über Europa, Australien und Katar gereist.
Ihre Teilnahme am Santa Fe International Folk Art Festival war ein Wendepunkt. „Ich hatte zwei Jahre lang versucht, dorthin zu gelangen“, sagt sie. „Als es mir schließlich gelang, lag es an meinen Bemühungen, die Taschkent-Schule wiederzubeleben. Die Menschen waren fasziniert — sie hatten noch nie Stickerei gesehen, die das Universum widerspiegelt.“
Heute exportiert Suzani by Kasimbaeva nach ganz Europa, darunter Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Monaco. Zwei ihrer Arbeiten gehören zur ständigen Sammlung des British Museum — ein Meilenstein, den nur wenige Handwerker erreichen. Für Madina ist dieser Erfolg jedoch nicht nur privat. „Wenn unsere nationale Kunst in internationalen Museen ausgestellt wird“, sagt sie mit ruhigem Stolz, „bedeutet das, dass die Stimme Usbekistans gehört wird.“
Eine Heimat für die Kunsthandwerkerinnen
Hinter Madinas Erfolg steht eine tiefe Dankbarkeit gegenüber der wachsenden Unterstützung der Regierung für Kunsthandwerker. Im Jahr 2019 zog sie ihr Atelier in die neu errichtete Suzukota Craftsmen’s Town — einen kreativen Komplex, der Kunsthandwerker, Werkstätten und Galerien an einem Ort vereint.
„Das war mein Traum“, sagt sie. „Davor arbeitete ich in einem kleinen gemieteten Zimmer. Es gab Zeiten, da passten meine Materialien kaum hinein. Als wir hierherzogen und uns kostenfreien Platz zur Verfügung gestellt bekam, war das wie ein Wunder.“
Besucher können ihr Atelier besichtigen, zusehen, wie Stoffe gefärbt werden, den Kunsthandwerkerinnen beim Zeichnen von Mustern von Hand zusehen und sogar an Meisterkursen teilnehmen. Der Raum ist zu einer Arbeitsstätte und einer kulturellen Attraktion geworden — Bildung, Kreativität und Unternehmertum in einer einzigen Umgebung verbinden.
Ehrungen und Vermächtnis
In Anerkennung ihres Beitrags zum kulturellen Erbe Usbekistans wurde Madina Kasimbaeva die Do’stlik (Friendship) Medaille — eine der höchsten Auszeichnungen des Landes — verliehen. Der Moment, als sie davon erfuhr, war emotional.
„Ich habe geweint“, gesteht sie. „Ich bin keine Professorin oder Akademikerin. Ich bin nur eine Stickerei — eine usbekische Frau. Von meinem Land, von meinem Präsidenten anerkannt zu werden, bedeutet mir alles.“
Doch für Madina sind Auszeichnungen nicht das Endziel. Ihre Mission geht weiter — Wissen an die nächste Generation weiterzugeben, die Authentizität der usbekischen Stickerei zu bewahren und die Stärkung von Frauen durch Handwerk zu fördern.
„Jeder Stich trägt eine Geschichte“, sagt sie. „Wenn eine junge Frau das Sticken lernt, erlernt sie nicht nur eine Fähigkeit — sie verbindet sich mit ihren Wurzeln, ihrer Kultur, ihrem Stolz.“