Langeweile? Fehlanzeige! – Ein Tag in unseren Servicestellen
16. März 2023 – Marion Meier
Einzel- oder Tageskarten, Monats- oder Jahresabo, Kurz- oder Langstrecke – das Angebot im hvv ist riesig und nicht immer leicht zu durchschauen. Gut, dass es unsere Servicestellen gibt. Freundliche Kolleg:innen helfen Euch bei der Ticketsuche und haben auch auf andere Fragen (fast) immer eine Antwort. Im Rahmen unserer Serie Wir sind am Zug geben wir Euch heute Einblicke in die Kunst des Ticketverkaufs.
Service wird groß geschrieben bei allen drei Verkaufsstellen in Hamburg. An den Bahnhöfen Altona und Harburg und am Hauptbahnhof betreiben wir unsere Servicestellen. So unterschiedlich die Standorte und die Kunden auch sind, eins bleibt immer gleich: Der Kunde ist König und jeder soll bestmöglich beraten werden. Das haben sich alle drei Servicestellen-Leiterinnen und ihre Kolleg:innen auf die Fahnen geschrieben. „Unser Ziel ist erreicht“, sagt Claudia von der Servicestelle in Harburg, „wenn ein Kunde wütend zu uns hereinkommt und uns mit einem Lächeln wieder verlässt.“
Die Menge an Produkten ist immens und dementsprechend vielfältig ist die Kundschaft und ihre Anliegen. „Wir bedienen das komplette Kundensegment“, sagt Maike von der Verkaufsstelle im Hauptbahnhof. „Unser Anspruch ist, der Kundin oder dem Kunden das günstigste und passendste Ticket anzubieten“.
Die Produkte reichen vom Schüler-, Studenten- und Seniorenticket bis zu allen denkbaren Tages- und Zeitkarten und Abos. Dementsprechend kommen sie alle an den Schalter: Schulkinder, Studierende, Senioren sowie Berufstätige und Touristen. Für alle gibt es eine Vielzahl an unterschiedlichen Fahrkarten und Tarifen – gar nicht so einfach, hier den Überblick zu behalten. „Man muss sich sehr auf andere Menschen einstellen können“, sagt Raj, ein Kollege vom Hauptbahnhof. Er schätzt die Abwechslung beim Kundenkontakt sehr, kein Tag ist wie der andere, es bleibt immer spannend. Genau das macht seine Arbeit aus, die Begegnungen und die Freude der Menschen, wenn sie mit dem für sie idealen Produkt aus der Servicestelle gehen.
Die einzelnen Verkaufsstellen sind ähnlich in ihrer Arbeitsweise. Sie bestehen aus einem festen Team und arbeiten in Schichten. Zusätzlich zu den festen Teams gibt es Kolleg:innen, die als sogenannte Springer arbeiten. Das bedeutet, dass sie mit vierwöchiger Vorlaufzeit an allen drei Standorten eingesetzt werden. Sie unterstützen das Team vor Ort in den Stoßzeiten, wenn durch Urlaub oder krankheitsbedingte Abwesenheit Not am Mann ist. Jeder neue Mitarbeitende wird zunächst als Springer eingestellt. Wenn eine feste Planstelle frei oder Personal aufgestockt wird, kann man sich bewerben. Manche finden den ohnehin schon abwechslungsreichen Job als Springer so spannend, dass sie lieber dabeibleiben. Da ist eine hohe Flexibilität gefragt!
Aber auch so können sich die Kolleg:innen in Altona, Harburg und am Hauptbahnhof über mangelnde Auslastung nicht beschweren. „Der Tag geht rasend schnell um“, sagt Raj. Langeweile gibt es nicht. Wenn es Probleme gibt oder man – gerade als Neuling – nicht weiterweiß, springt sofort die Kollegin oder der Kollege am Schalter nebenan ein und hilft. „Wir rocken gemeinsam den Tag“, sagt Christina von der Servicestelle in Altona. Besonders viel ist immer am Monatswechsel und an den Wochenenden los. Die Teams sind allesamt sehr routiniert und haben in den meisten Fällen die Ruhe weg. „Wir können uns zu hundert Prozent aufeinander verlassen“, sagt Claudia. Besonders bei der Servicestelle am Hauptbahnhof kommt es mitunter zu großen Besucheranstürmen und es bilden sich lange Schlangen, so geschehen zum Beispiel beim 9-Euro-Ticket. Wenn man den ganzen Tag eng aufeinandersitzt und kaum eine Minute zum Durchatmen hat, kann es gelegentlich schon einmal zu kleinen Reibereien kommen. Diese werden aber mit viel Humor und gesundem Menschenverstand schnell aus der Welt geschafft.
Gut ist dann, wenn einem nichts Menschliches fremd ist und man sich schnell auf Menschen einstellen kann. Die Qualifikationen der Kolleg:innen sind sehr unterschiedlich. Es gibt ausgebildete Verkehrskaufleute und Quereinsteiger:innen, manche kommen aus der Gastronomie oder dem Einzelhandel, andere waren vorher Zugbegleiter:in. „Den typischen Weg gibt es nicht", sagt Christina. Viel wichtiger, da sind sich alle einig, ist der menschliche Aspekt, der Dienstleistungsgedanke, eine hohe Flexibilität und Empathie mit allen Menschen und ihren Bedürfnissen. Außerdem ist Teamfähigkeit sehr wichtig. „Wir sind ein kleines Team“, sagt Claudia, „und das muss passen.“ Auch auf das äußere Erscheinungsbild wird großen Wert gelegt, die Uniform ist Pflicht und vermittelt Seriosität.
Angst um den Job müssen sie erst einmal nicht haben. Trotz voranschreitender Digitalisierung kommen sehr viele Menschen immer noch lieber in eine Verkaufsstelle. Sie wollen sich beraten lassen, haben keinen Zugang zu digitalen Medien oder der Automat hat einen technischen Defekt. Von Mensch zu Mensch ist es einfach viel schöner, auch wenn man eventuell einen Augenblick warten muss. Viele Kund:innen kommen regelmäßig. „Wir haben viele Stammkunden“, meint Claudia. „Die kommen immer wieder gern und fragen bei derselben Person nach“. Generell ist an allen drei Standorten viel los. Gerade am Hauptbahnhof, wo die Verkaufsstelle durch die zentrale Lage sehr gut auffindbar ist, geht es oft wuselig zu und es kommen alle möglichen Anfragen. Da fragen Kund:innen auch schon mal nach dem Zug nach München. „Wir schicken sie dann freundlich, aber bestimmt zum Reisezentrum“, sagt Maike. „Auch Sitzplätze können wir leider nicht anbieten“, sagt sie und grinst. Tourist:innen können direkt auf die Tür nebenan verwiesen werden – die Servicestelle teilt sich den Raum mit der Hamburg Touristik.
Gibt es besonders schöne oder kuriose Erlebnisse?
„Man könnte Bücher schreiben“, sagt Christina aus Altona. Grundsätzlich sei es einfach ein schönes Gefühl, jemandem geholfen zu haben. „Dieses Feedback und die Dankbarkeit, das macht mir auch so viel Spaß an meinem Job“. Claudia in Harburg hatte einmal eine Familie aus dem Ausland, die ihre Tasche mit allen Papieren in einer S-Bahn verloren hatte. Claudia hat Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt und die Tasche wurde tatsächlich gefunden. „Die waren so unfassbar dankbar“, sagt sie und ist immer noch berührt.
Es gibt aber auch weniger schöne Erlebnisse. Zum Beispiel, wenn Leute pöbeln und beleidigen. Die Kolleg:innen werden für solche Situationen zwar geschult, schön ist es trotzdem nicht. „Man sollte immer daran denken: Hier arbeiten Menschen“, sagen alle übereinstimmend. Jeder Standort hat andere Herausforderungen. Altona ist ein Multikulti-Areal, Harburg hat viele Auszubildende und viele Kund:innen aus dem Umland, am Hauptbahnhof ist es immer laut und es kommen viele Menschen in die Servicestelle, die eigentlich ganz woanders hin müssen. Maike mag das. Sie eskortiert auch schon mal den einen oder anderen zum passenden Ort innerhalb des Hauptbahnhofs. Stressige Situationen entstehen vor allem, wenn ein großer Ansturm herrscht und Leute ungeduldig werden. „Aber man kämpft sich durch“, sagt sie. „Es muss immer weitergehen“. Die positiven Aspekte überwiegen aber ganz eindeutig und die Reaktionen dankbarer Menschen motivieren alle, jeden Tag mit großer Freude an die Arbeit zu gehen.
Interviews und Fotos: Anne Höffner, Felix-Johannes Werner und Marion Meier