Das Magazin der S-Bahn Hamburg

Mit viel Knowhow und einem alten Hut: die Trainer der Triebfahrzeugführenden

Wir stellen Euch zwei von ihnen vor

Als Lokführer bekommt man viel zu sehen. Aber wie wird man eigentlich Triebfahrzeuger:in (Tf), wie es offiziell heißt? Wir bilden Tfs in unseren Ausbildungszentren selbst aus. Die Ausbilder André und Atilla erzählen Euch, wie das so läuft.

Wir betreiben zwei Ausbildungszentren (AZ): eines bei unserem Werk in Ohlsdorf und seit Kurzem auch ein neues beim Instandhaltungswerk in Eidelstedt. Dort werden angehende Tfs, ob Azubis oder Quereinsteiger, in Theorie und Praxis unterwiesen.

Erst Tf, dann Trainer

André und Atilla sind selbst Tfs. Das ist die Grundvoraussetzung, um Ausbilder zu werden. „In der Regel fährt man zwei Jahre durch unser Netz und wird dann erst einmal Fahrtrainer“, sagt André. „Das macht man dann auch noch mal etwa zwei Jahre“. Ein Fahrtrainer darf einen angehenden Tf mit in seinen Führerstand nehmen und ihm den Betrieb näherbringen.

Offiziell bewirbt sich ein Tf auf die Position des Fahrtrainers und des Ausbilders und durchläuft im Folgenden festgelegte Prozesse und Fortbildungen. Diesen klassischen Weg ist auch Atilla gegangen. Er kam vor fünf Jahren als Quereinsteiger zur S-Bahn. Seit November 2023 ist er wieder in der Ausbildung – zum Ausbilder.

André hingegen ist das, was man einen Eisenbahner durch und durch nennt. Seit 1986 bei der Bahn ist er seit September 2019 Trainer. Weil er schon einige Stationen durchlaufen hat, brachte er bereits viel Vorwissen mit und durfte nach wenigen Monaten als Tf bereits ins Ausbilder-Programm.

Alle zwei Monate startet ein neuer Ausbildungskurs für angehende Tfs. Da es aber ständig Neuerungen gibt, müssen auch alle fertigen Tfs regelmäßig zur Fortbildung ins AZ. Die Ausbilder begleiten außerdem Tfs im Führerstand und machen Coaching-Fahrten.

Die Ausbildung zum Tf dauert etwa neun Monate und beinhaltet verschiedene Module in Theorie und Praxis und auch in Psychologie. André hat sich auf die Theorie spezialisiert. „Ich liebe meine Theorie“, lacht er. Grundsätzlich kann jeder Ausbilder alles unterrichten, aber jeder hat seinen Schwerpunkt.

Der Kursplan ist straff durchgetaktet, die Module bauen aufeinander auf. Den Kurs wechseln ist für die Auszubildenden daher nicht so ohne weiteres möglich. „Wir müssen ja auch Termine machen, wenn wir zum Beispiel an den Simulator wollen“, sagt André. Die Module zur Verhaltensausbildung werden nicht vom AZ durchgeführt. „Wir sind Fachausbilder, keine Verhaltenstrainer“, betont André.

Was habt Ihr für Menschen in den Kursen?

„Total unterschiedlich“, sagt André, „wir haben Schüler und Schülerinnen zwischen 20 und 55 Jahren, aus mehreren Nationen und mit sehr unterschiedlichem beruflichem und sozialem Hintergrund“. Alle ordentlich auf die Prüfung vorzubereiten ist eine Herausforderung, bringt aber auch sehr viel Freude, sagen beide übereinstimmend.

Was muss ich denn als Ausbilder mitbringen?

„Das Fachliche kann man alles lernen“, sagt André. Viel wichtiger sind soziale Kompetenzen wie Empathie mit Menschen, Kommunikations- und Teamfähigkeit und Authentizität. Man müsse Menschen begeistern können, sie mitnehmen, sagen beide übereinstimmend.

„Du kannst nur ein Feuer entfachen, wenn du selbst brennst“
André, Tf-Trainer

Man muss auch schwierige Entscheidungen treffen können, wenn man etwa einem Teilnehmer sagen muss, dass er nicht geeignet ist. Da hilft der Austausch unter den Trainern. Trotzdem nehmen sie einiges auch mit nach Hause.

Atilla lernt das System gerade erst kennen und guckt André beim Unterricht über die Schulter. Er kann sich viel von André abgucken, will aber seinen eigenen Stil finden.

„Jeder hat seine eigenen Methoden, wie er Wissen vermittelt“, sagt er, „ich will nicht imitieren, sondern meinen eigenen Stil finden und authentisch bleiben“.

„Im Unterrichtsraum spürst du ganz schnell, ob der, der da vorne steht, authentisch ist.“
Atilla, angehender Tf-Trainer

Ehrlich währt am längsten

Am Ende eines Kurses werden nicht mehr alle dabei sein. Auch das müssen die Ausbilder ihren Lehrlingen vermitteln. Grundsätzlich wollen sie alle mitnehmen. „Ich mache sonst auch betreutes Lesen“, grinst André. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten versuchen sie auf alle individuell einzugehen.

„Der eine braucht Zahlen, Daten, Fakten, der andere ein buntes Bild“, sagt André. Jeder ist anders. Und wenn er merkt, dass die Aufmerksamkeit nachlässt, improvisiert er und versucht, den Unterricht aufzulockern.

Ein alter Hut im Unterricht

Ein Mittel, die Aufmerksamkeit aller zu fesseln, ist sein alter Eisenbahner-Hut, der inzwischen über die Grenzen seines Unterrichts hinaus Bekanntheit erlangt hat.

Am Anfang des Tages kommen hier alle Namen der Kursteilnehmer:innen hinein. Eine/r im Kurs bekommt die Herrschaft darüber. Wenn André etwas nicht weiß, wird ein Name gezogen und der oder die darf dann die Frage beantworten. Da bleiben alle am Ball!

Viel (Wissen) hilft viel

Das Eisenbahnwissen wird mit Modulen vermittelt. Die Ausbilder bekommen vom Ausbildungskoordinator ihren Plan, auf dem steht, wieviel Zeit sie für welches Modul haben. Die Methodik der Vermittlung bleibt dem Trainer weitestgehend überlassen. Jede Unterweisung muss außerdem dokumentiert und unterschrieben werden und kommt in die Personalakte.

Je nach Kurs kommt es stark auf die Kommunikation an. „Es gibt die Ausbildung zum Quali-Tf und die zum Eisenbahner im Betriebsdienst, dem sogenannten EiB“, erklärt André. Das eine ist Erwachsenenbildung, das andere, die EiBs, sind junge Azubis frisch von der Schule.

Immer nach bestimmten Abschnitten werden Klausuren geschrieben und das Wissen abgefragt. Die erste richtige Prüfung ist die für den EU-Führerschein. Hierfür ist ein Minimum an Wissen erforderlich, auf das sich die EU-Länder geeinigt haben.

Danach folgt die Ausbildung der Regio- und S-Bahn-spezifischen Themen. Diese beginnen mit dem Rangierdienst. André hat ein schönes Bild dazu: „Jeder Teilnehmer ist die Lok“, erläutert er, „und jedes Modul ein Wagen. Nach und nach hängen wir die Wagen an die Lok, bis der Zug vollständig ist“.

Der Unterricht selbst beginnt um acht Uhr morgens. Die Trainer treffen sich aber schon vorher in der Teeküche, um sich auszutauschen. Gerade für die neuen Trainer wie Atilla ist das Gold wert.

Die Ausbildung zum Trainer erfolgt ebenfalls mit Modulen und Seminaren. Das Fachliche bringen alle angehenden Ausbilder als Tf mit. In ihrer Weiterbildung lernen sie zusätzlich Verhaltensweisen, Kommunikation und Dokumentation.

„Vor allem das Feedback, dass ich als Fahrtrainer bekommen haben, hat mir viel geholfen“, sagt Atilla. „Wie kommt man rüber, was kann man besser machen, da habe ich viel für mich mitgenommen. Ich hatte im Übrigen auch keinen Plan B“, schmunzelt er.

Lehrer und Schüler

Das Pensum für die neuen Trainer in Ausbildung ist immens. Atilla findet es gut, dass man nicht ins kalte Wasser geworfen wird. „Ich durfte überall mit dabei sein, im Unterrichtsraum, in den Fahrzeugen, und konnte mir einen guten Überblick verschaffen“, berichtet er, „und die erfahrenen Trainer beobachten, wie man den Unterricht aufbaut“.

Nach und nach schauen die Trainer-Ausbilder dann, wo die Stärken bei dem Neuen liegen, und dementsprechend wird er auch eingesetzt. Bei Atilla hat sich das noch nicht herauskristallisiert, er muss erst alle Stationen durchlaufen. „Ich bin sehr gespannt, wie sich das hier weiterentwickelt“, grinst Atilla.

Ständiges „An-sich-Arbeiten“ ist aber sowieso gewünscht und auch notwendig, sagen beide. Die Zeit zwischen Ausbilder und Schüler:innen ist sehr intensiv. Deren Feedback und auch der Austausch unter den Ausbildern hilft bei der Verbesserung der Unterrichtsmethoden.

Auch wenn es anstrengend ist: André liebt es zu unterrichten und Menschen die Eisenbahnwelt näher zu bringen. Das vermittelt er auch den zukünftigen Trainern wie Atilla. Das Erfolgserlebnis, wenn seine Leute bestanden haben, und ihre Freude darüber wiegen alles auf.

Mit viel Knowhow und einem alten Hut: die Trainer der Triebfahrzeugführenden

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