Das Magazin der S-Bahn Hamburg

Wir machen den Weg frei!

Von Fahrdienstleitern und Fahrstraßen

Wer sagt dem Lokführer, wann und auf welchem Gleis er in einen Bahnhof einfahren darf, und sorgt für einen sicheren und pünktlichen Zugverkehr? Das sind die Fahrdienstleiter:innen auf unseren Stellwerken. Wir sagen Euch, wie so etwas funktioniert und stellen Euch drei von Ihnen vor.

Insgesamt gibt es bei der S-Bahn Hamburg 15 Stellwerke aus vier verschiedenen Epochen: ein mechanisches in Sülldorf, elektromechanische wie Klein Flottbek und Blankenese, Spurplanstellwerke wie Wedel und Elbgaustraße und elektronische wie Bergedorf und Ohlsdorf.

Laut Definition ist ein Stellwerk eine ortsfeste Anlage zur Steuerung des Bahnbetriebs. Stark vereinfacht ausgedrückt: In einem Gebäude sitzen Menschen, die entweder per Hebel, per Knopfdruck oder am Computer Weichen bewegen und Signale einstellen.

Die Menschen, die dort arbeiten, nennt man Fahrdienstleiter:innen (Fdl). Bei der S-Bahn Hamburg arbeiten 170 Fdl. Einige werden als sogenannte Springer dort eingesetzt, wo es personell eng wird. Jeder Fdl fängt immer erst einmal als Springer an.

Hauptaufgabe eines Fdl ist es, einen sicheren Fahrbetrieb zu gewährleisten. Dazu gehört die Bildung von Fahrstraßen. Wenn ein Zug gemeldet wird, wird der Weg festgelegt, den dieser Zug fahren soll.

Zwei Arbeitsplätze

Anne ist 23 und seit Juli 2023 Fahrdienstleiterin auf den Stellwerken Hochkamp und Klein Flottbek. Nach ihrer dreijährigen Ausbildung bewarb sie sich bei der S-Bahn Hamburg und nennt seitdem die elektromechanischen Stellwerke Hochkamp und Klein Flottbek ihren Arbeitsplatz.

Vor allem die Mechanik des rund 100 Jahre alten Stellwerks Klein Flottbek hat es Anne angetan. „Ich finde es einfach großartig, wenn ich einen Hebel bewege und ich weiß, jetzt passiert da draußen was und der Zug kann fahren“, schwärmt sie. Jedes Stellwerk hat spezielle Besonderheiten, auf die der oder die Fahrdienstleiter:in geprüft wird.

Anne schätzt an ihrem Job, dass sie geregelte Arbeitszeiten hat und er eine perfekte Mischung aus Bürojob und Handarbeit bietet. „Beides hält sich in etwa die Waage“, sagt sie. Gearbeitet wird im durchgehenden Schichtdienst, das heißt auch an Sonn- und Feiertagen, in drei Schichten.

„Mitunter haben wir alle drei Schichten in einer Woche, das ist aber okay“, findet Anne. Der Job ist abwechslungsreich und erfordert volle Konzentration. Ein sicherer Fahrbetrieb ist oberstes Gebot, das haben alle Fahrdienstleiter:innen verinnerlicht.

Vor allem bei Störungen heißt es schnelle Entscheidungen treffen und einen kühlen Kopf bewahren. Kein Problem für Anne. „Ich bin hier verantwortlich“, sagt sie.

Sicherheit vor Pünktlichkeit!
Sagen alle Fahrdienstleiter:innen

Der Arbeitsalltag ist sehr geregelt – solange keine Störungen auftreten. Nach der Übergabe mit dem Schichtvorgänger kontrolliert Anne die Einträge im sogenannten Zugmeldebuch, in dem alle Handlungen dokumentiert werden müssen. „Hier wird nichts vertuscht“, grinst sie. Auch die Übergabe mit den Kolleg:innen wird per Stempel und Unterschrift festgehalten.

Abschnitt für Abschnitt 

Jeder Fdl ist verantwortlich für sein oder ihr Tun auf dem eigenen Streckenabschnitt. Die Stellwerke sind Abschnitt für Abschnitt miteinander verbunden. Wenn eine Zugmeldung über das Telefon hereinkommt, dass ein Zug unterwegs ist, bekommt der Fdl Zugnummer und Abfahrtzeit mitgeteilt. Daraufhin macht er oder sie eine Fahrwegprüfung.

„Man schaut, dass die Strecke frei ist“, erläutert Anne, „sprich, dass der Zug einfahren darf. Dann stelle ich das Signal auf ‚Fahrt‘.“ Wenn der Zug an der Station eingefahren ist und das Signal auf Halt ist, gibt sie den Fahrtweg wieder frei. Wenn ihr Zug wieder abfährt, gibt sie das entsprechende Signal an das nächste Stellwerk.

So kommunizieren die Stellwerke miteinander. Bei den elektronischen läuft das automatisch, bei den mechanischen muss noch ein Hebel bewegt werden. Bei einem 5-Minuten-Takt hat man da ganz schön etwas zu tun.

Multitasking, Stress-Resistenz, Team-Fähigkeit – das ist am wichtigsten in ihrem Job, findet Anne. Alle Fdl müssen zweimal im Jahr zu einem Fit-Unterricht und alle zwei Jahre wird eine Art Zwischenprüfung gemacht, um sicherzustellen, dass die Person ihren Aufgaben noch gewachsen ist.

Keine Mechanik mehr: das Stellwerk Elbgaustraße

Ihr Kollege Andreas im Spurplanstellwerk Elbgaustraße ist klassischer Quereinsteiger und seit Januar 2022 Fdl. Gelernt hat er Spurplan- und mechanisches Stellwerk.

Das rund 40 Jahre alte Stellwerk Elbgaustraße ist neben Altona und Hauptbahnhof eines der drei großen Spurplanstellwerke im S-Bahn-Netz. Im Gegensatz zu Klein Flottbek sind hier in der Regel drei Kolleg:innen vor Ort.

Ein Spurplanstellwerk funktioniert rein elektrisch. Dabei ist jedem Fahrwegelement – Gleisabschnitte, Weichen, Signale, etc. – eine Relaisgruppe zugeordnet, die mit den anderen Gruppen durch Kabel verbunden ist.

„Idealerweise geht alles gemäß Regelbetrieb“, sagt Andreas. "Wir bekommen unsere Fahrpläne und wissen, wann welcher Zug einfahren soll.“ Über die Zugnummernmeldeanlage sehen die Fdl, welcher Zug sich aktuell wo befindet.

In Elbgaustraße werden außerdem Züge bereitgestellt und abgestellt, da dort der Start- und Endhaltepunkt für die S5 ist. All dies erfordert viel mehr Disposition als bei anderen Stellwerken.

Fdl arbeiten sehr lösungsorientiert und fokussieren sich auf die gegenwärtige Aufgabe. „Wir brauchen starke Nerven“, betont Andreas. Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, das Unwichtige dann auch ausblenden zu können und sich auf das Wesentliche konzentrieren, das sei das A und O.

Gab es ein Highlight?

„Oh ja“, grinst er. Gleich an seinem 2. Arbeitstag in Sülldorf musste er eine große Störung bewältigen. „Ich musste direkt alles abrufen“. Dies erfolgreich bewältigt zu haben, hat ihm eine große innere Befriedigung gegeben und lässt ihn an Störungen recht entspannt herangehen.

Allen Fdl ist die Verantwortung bewusst. Bei Schichtende gibt er oder sie diese aber auch wieder ab. Das findet Andreas gut: „So nimmt man auch nicht so viel von der Arbeit mit nach Hause“.

Das modernste: das elektronische Stellwerk in Ohlsdorf 

Genauso sieht es auch Viktorija. Sie ist seit 2018 bei der S-Bahn. Die gebürtige Litauerin war vorher im Gastro-Gewerbe und suchte einen sicheren Job. Sie brachte keinerlei Vorkenntnisse mit und hatte keinen großen Bezug zur Bahn.

„Ich habe ein bisschen recherchiert und fand die Stellenanzeige interessant“, lächelt sie. Was sie in der Ausbildung erwartete, wusste sie nicht. „Am Anfang musste ich mich erst einmal durchbeißen“, erinnert sie sich.

Heute ist sie Fahrdienstleiterin in Springer-Funktion und arbeitet auf den Stellwerken Ohlsdorf und Poppenbüttel. Ohlsdorf ist ein modernes elektronisches Stellwerk (ESTW), Viktorijas Job findet daher fast ausschließlich am Computer statt.

Als Springer wird Viktorija immer dann eingesetzt, wenn Not am Mann ist, sprich Personal fehlt, vor allem als Urlaubs- und Krankheitsvertretung. Das erfordert äußerste Flexibilität. Planen kann sie aber trotzdem, denn niemand verlangt, dass sie alles stehen und liegen lässt, wenn sie einen Anruf erhält.

Flexibilität ist Trumpf

Ein bis zwei Wochen im Voraus bekommt Viktorija in der Regel ihren Dienstplan. Sie schätzt einerseits die Sicherheit der Arbeitsstelle und andererseits die Abwechslung im Job. „Jeder Tag ist anders“, sagt sie. Für die Streckenplanung gibt es mehrere Monitore, die den Fahrtweg anzeigen.

In Ohlsdorf arbeiten, ebenso wie im Stellwerk Elbgaustraße, in der Regel drei Mitarbeiter:innen gleichzeitig, nachts und an den Wochenenden sind es zwei. Jede:r hat ihren/seinen Abschnitt, den er oder sie betreut. Die Meldungen für diesen Abschnitt laufen dann auch nur an diesem Schreibtisch auf.

„Trotzdem sagt natürlich keiner ‚nicht mein Tisch‘“, lacht Viktorija, „wir übernehmen bei Dienstantritt unseren Arbeitsplatz und wenn etwas reinkommt, arbeiten wir das gemeinsam ab“. Das ist echte Teamarbeit.

Am wichtigsten: gute Nerven!

Viktorija findet, dass neben Teamfähigkeit, Flexibilität, Belastbarkeit das Bewusstsein, dass dort Menschen in den Zügen sitzen, das Wichtigste in ihrem Job ist. Und ein gutes Nervenkostüm.

„Am Anfang hatte ich schon ganz schön Herzklopfen“, erinnert sie sich an ihre Anfangszeit. „Aber mit jeder Störung, die man meistert, bekommt man mehr Routine und wird immer sicherer“.

Seit Ende Januar übernehmen die Kolleg:innen im Stellwerk Ohlsdorf auch den Abschnitt von Barmbek bis Landwehr. Darunter fällt auch das neue Stellwerk Hasselbrook, das über Ohlsdorf gesteuert wird. Auch Viktorija wurde auf diese neue Technik geschult.

Was ist ein guter Tag für dich?

„Wenn ich eine Störung sauber abgearbeitet habe und bei Schichtwechsel alles ordentlich übergeben kann“, sagt Viktorija. „Alles, was in meinem Verantwortungsbereich liegt, muss sauber sein“, so ihre Überzeugung.

Fahrdienstleiter:innen sind in der Regel besonnene Menschen, die einen wichtigen Job haben. Alle sind sich einig, dass man alle fachlichen Aspekte lernen kann. Wichtiger seien aber eine starke Persönlichkeit und ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein.

Anne, Andreas und Viktorija mögen ihren Job und fühlen sich angekommen. Wer sich weiter entwickeln will, hat gute Karrierechancen. Die elektronischen Stellwerke (ESTWs) sind die Zukunft und erfordern spezielles Fachwissen. Vielleicht wird aber auch der Wunsch geweckt, andere Bereiche des Bahnbetriebs kennenzulernen. Alles ist möglich.

Wer weiß, was noch kommt, ich lass' mich vom Leben überraschen!
Viktorija
Wir machen den Weg frei!

Interesse? Wir suchen Fahrdienstleiter:in, Lokführer:innen und Instandhalter:innen! Ob als Fachkraft oder Quereinsteiger:in: Informiere Dich auf unserer Karriereseite über die Möglichkeiten bei der S-Bahn Hamburg. Wir freuen uns auf Dich!

Hier klicken