Das Magazin der S-Bahn Hamburg

Züge, Gleise, Weichen – Was ist guter Betrieb?

Christoph sagt es uns - Ein Interview

Damit unsere S-Bahn-Züge fahren können, benötigen wir eine funktionierende Infrastruktur. Ein komplexes System aus Gleisen, Weichen, Stellwerken und Signalen. Wie sieht das im konkreten Fall aus? Was tut man bei Störungen? Christoph bringt es uns näher.

Christoph, das Café ist aber nicht dein fester Arbeitsplatz, oder?

„Nein“, lacht er, „zumindest nicht ständig.“ Nicht dass hier ein falscher Eindruck entsteht. „Der überwiegende Teil meiner Arbeit findet am Computer statt“, sagt er und seufzt ein bisschen, denn er wäre viel lieber öfter draußen bei seinen Leuten. „Aber ein zwangloses Gespräch lässt sich bei einer Tasse Kaffee doch viel besser führen“, fügt er hinzu und lächelt.

Als Leiter Infrastrukturbetrieb gehören die Kolleg:innen auf den Stellwerken, deren Bezirksleiter und der Baubetrieb zu seinen Teams. „Außerdem kümmere ich mich mit einem anderen Team um das Thema Fahrplangestaltung“. Das alles hängt eng miteinander zusammen.

Infrastrukturbetrieb ist Teamarbeit
Christophs Überzeugung

Was ist ein guter Betrieb?

„Guter Betrieb ist, wenn unser Fahrgast gar nicht mitbekommt, welche Prozesse im Hintergrund ablaufen“, sagt Christoph. Das bekommt er täglich hautnah mit, denn er ist selbst auch Kunde. „Als solcher erwarte ich ja auch, dass alles zuverlässig läuft“, sagt er.

Was bedeutet das in der Praxis?

„Für den täglichen Betrieb bedeutet das konkrete Fragen wie zum Beispiel wie lang ist der Zug, den wir fahren, auf welchen Fahrwegen sind unsere S-Bahnlinien unterwegs oder wo können wir unsere Fahrzeuge am Ende des Tages abstellen“, erläutert Christoph. „Und besonders im Baubetrieb müssen wir dann koordinieren, wie wir abweichend fahren, damit es möglichst reibungslos für die Fahrgäste läuft.“

Weiter sagt er: „Wenn sich Störungen ereignen, wollen wir alle möglichst schnell wieder auf einen 100 Prozent-Zustand kommen. Bei Signalstörungen und Personen im Gleis können wir da noch besser werden, das eine oder andere läuft aber auch schon nicht so schlecht wie es manchmal scheint. Gerade im Großstörungsfall ziehen wir alle an einem Strang.“

Was zum Beispiel?

„Bei Großveranstaltungen zeigen wir häufig, was wir können“, findet Christoph. „Da fallen mir direkt die Fußballspiele im Volksparkstadion oder am Millerntor ein. Gerade bei solchen ‚Störungen‘ zeigt sich, wie gut die Abstimmung untereinander ist und wie schnell man Lösungen finden kann“, ist er überzeugt.

Bei aller Planung steht die Sicherheit an oberster Stelle. „Verspätungen sind ärgerlich“, sagt er, „gemeinsam stellen wir sicher, dass unsere Lösungen Hand und Fuß haben und unsere Fahrgäste vor allem sicher an ihr Ziel kommen.“

Meine Abteilungen kümmert sich darum, dass das Rad rollen kann und dass es auch weiterhin rollt.

Die Infrastruktur hat es dir angetan, oder?

„Absolut!“, kommt es voller Überzeugung. „Ich bin nun mal ein Kind der Infrastruktur.“ Der studierte Wirtschaftsingenieur hat sich schon früh mit Verkehrskonzepten beschäftigt. Wichtig ist ihm, dass man weiß, wen man ansprechen kann, und das Zusammenwirken verschiedener Bereiche.

„Infrastrukturbetrieb ist immer aber auch ein Lernen aus Fehlern“, erläutert er, „am besten also mit dem Fokus auf die Zukunft. Wenn etwas nicht so gut funktioniert hat, will man dies das nächste Mal besser machen.“ Überhaupt konzentriert er sich lieber auf das Machen als auf das Wälzen von Problemen.

Seit mehr als vier Jahren ist Christoph bei der S-Bahn Hamburg für diesen Teil der Betriebsdurchführung zuständig. In seinem Arbeitsalltag stellt er sicher, dass alle Rädchen ineinandergreifen und sichergestellt ist, dass der Betrieb immer besser wird.

Besteht hieraus dein Arbeitsalltag: Konzepte erstellen und planen?

„Ja, durchaus“, sagt er. Er will interne wie externe Prozesse verbessern. „Am besten bekommt der Fahrgast von den im Hintergrund laufenden Prozessen nichts mit und meine Kolleginnen und Kollegen können konzentriert ihre Arbeit machen, damit es da draußen möglichst optimal läuft“, ist sein Anspruch.

Schaltest du auch mal ab?

„Eher nicht“, sagt er ehrlich, „ich sehe ja täglich, was eben auch nicht so gut läuft, und überlege ständig, was man besser machen kann.“ Das empfindet er aber als durchaus positiv. „Zum Glück habe ich ein stabiles Privatleben und ein tolerantes Umfeld“, lächelt er.

Wie füllst du deine Batterie auf?

„Im Urlaub“, sagt Christoph. Da schaltet er dann doch einmal ab. Außerdem singt er im Chor. „Ich liebe diesen Perspektivwechsel, sprich eine Stimme von vielen zu sein und nicht der Dirigent“, schmunzelt er. Ein guter Ausgleich.

Was hälst du für deine größte Herausforderung?
„Der Arbeitsmarkt ist sicher eine davon“, meint Christoph. „Ich möchte immer die richtige Person am richtigen Ort haben, die genau weiß, was sie mit ihren eigenen Fähig- und Fertigkeiten tun kann.“ In Zeiten des Fachkräftemangels kein leichtes Unterfangen. „Aber ich schätze jeden meiner Kollegen im Team und bemühe mich passende Antworten und Lösungen zu liefern – auch wenn das nicht immer leicht und erfüllbar ist“, sagt er.

Immer mehr Fahrgäste nutzen unsere Züge – woran merkt Ihr in deinem Team, dass die S-Bahn stärker nachgefragt wird?

„Wir fahren heute zum Beispiel viel mehr Züge als früher. Wie beim Auto bedeutet auch bei uns mehr Fahren mehr Pflege. Die Züge und Gleise müssen öfter und intensiver instandgehalten werden.“

Das passiert bei uns vor allem nachts in der Betriebspause. Wenn es keine Pause gibt, wie zum Beispiel in den Durchfahrnächten am Wochenende, dann ist das nicht möglich. „Die große Herausforderung ist, unsere Strecken und Stellwerke möglichst ohne einen kundenrelevanten Einfluss instand zu halten", erklärt Christoph. Und weiter:

"Bei größeren Baumaßnahmen wie zum Beispiel der S4 bündeln wir mehrere Maßnahmen in einem Zeitraum und sperren dann einzelne Strecken für einen konzentrierten Zeitraum. Den Großteil der ‚Pflege‘ machen wir aber montags bis donnerstags in der S-Bahn-freien Zeit.“

Das erfordert bestimmt viel Koordination?

„Oh ja. Eine Vielzahl von Bautrupps schwärmt nachts in die S-Bahn-Gleise aus. Dort werden sie, einer nach dem anderen, von den Fahrdienstleitern (die Chefs der Lokführer, Anm. d. Red.) in den jeweiligen Bereich geschickt, in dem sie ihre geplanten Arbeiten durchführen sollen. Um bei einem Bild zu bleiben: Das ist wie ein gigantisches Konzert, das die einzelnen Teams da draußen veranstalten.“

Hast du immer eine Lösung?

„Nicht immer auf Anhieb. Manchmal muss man Abstriche machen. Wenn man ein Grundproblem nicht gleich lösen kann, muss man versuchen, die Auswirkungen zu mildern.“

Christoph macht sein Job Spaß und er hat noch viel vor. „Die größte Herausforderung in den nächsten Jahren wird sein, unsere Infrastruktur fit zu machen für die Zukunft.“

Stichwort neues Liniennetz?

„Weit über das neue Liniennetz hinaus“, betont er. „Die S4 und die S6 werden kommen, ebenso der Hamburg Takt. Wenn es so weit ist, stehen wir bereit!“