Das Magazin der S-Bahn Hamburg
Die Künstlerin Julia Benz steht vor ihrer Kunstsäule in Hammerbrook.

Ein neuer Look für Hammerbrook

Interview mit Julia Benz

Die erste Kunstsäule an der S-Bahn-Station in Hammerbrook hat einen neuen Anstrich erhalten. Im Interview erzählt uns die Künstlerin Julia Benz, was sie mit ihrer Wandmalerei ausdrücken will.

Galerie Hammerbrook: Gemeinsam mit der Ingeborg Suhr Stiftung und dem S-Bahn-Projekt "Stationen der Künste" entstand die Idee eines Galeriegangs unter der S-Bahn-Station Hammerbrook.

Ausgewählte Künstler:innen gestalten Kunstsäulen, die Passant:innen die Vielfalt der urbanen Künste näher bringen soll. Gleichzeitig profitiert der Stadtteil Hammerbrook von mehr Farbe, Licht und neuer Kunst.

"Stationen der Künste" hat das Ziel, allen 70 S-Bahn-Stationen einen neuen Glanz zu verleihen und eine angenehmere Atmosphäre zu schaffen.

Wir haben mit der Künstlerin Julia Benz gesprochen, die die erste Säule des neuen Galeriegangs bemalte.

S-Bahn-Hamburg: Moin Julia, erzähle uns doch mal, wer du bist. 

Julia Benz: Moin, ich bin Julia Benz, eine klassisch ausgebildete Malerin. Neben meinen Leinwandarbeiten in Atelier und Galerie übertrage ich meine Leidenschaft für Kunst und Malerei von der Leinwand auf die Wände und Fassaden. 

Wie würdest du dich und deine Werke in der Welt der Kunst einordnen? 

Julia: Im Urban Art Kontext bin ich die, die klassische Malerei studiert hat und auch Galeriekünstlerin ist. In der klassischen Kunst falle ich etwas aus der Reihe, da ich auch Murals (Wandmalerei) male und mich selbst auch als Teil der urbanen Kunstszene sehe. 

Das hat seine Vor- und Nachteile. Dadurch habe ich ein Alleinstellungsmerkmal und gleichzeitig fühle ich mich oft nicht richtig zugehörig, egal in welcher dieser Welten. Mittlerweile sind diese Übergänge kaum noch spürbar, das finde ich wunderbar: Je vielseitiger, desto besser. 

Ich sehe mich selbst auch als Teil der urbanen Kunstszene.

Denn nur so kann das, was zeitgenössisch ist und im Jetzt passiert, angemessen dargestellt werden und dazu gehört es, diese Grenzen Stück für Stück verschwinden zu lassen. 

Was inspiriert dich und wie würdest du deinen Kunststil beschreiben? 

Julia: Licht, Prisma (Lichtbrechung), Bewegung und Farbwelten, die mich in meinem Alltag begleiten – das inspiriert meine Kunst. 

Das Zusammenspiel von Farben und Bewegung erkunden, darum geht es mir mit meiner Arbeit. Ich will eine Multidimensionalität in der Malerei erschaffen, die konkrete Formen in Abstraktion auflöst und umkehrt. 

Ich möchte durch abstrakte Anspielungen persönliche Assoziationen der Zuschauer hervorrufen, indem ich mit der Wahrnehmung spiele, Dimensionen breche und visuelle Ebenen infrage stelle. 

Wie bist du auf das Projekt Kunst und Station an der S-Bahn-Station Hammerbrook aufmerksam geworden?  

Julia: Ich kannte das Projekt vorher noch nicht. Der Kurator Heiko Zahlmann rief mich eines Tages an und erzählte mir von dem Projekt und dass Frau Ingeborg Suhr ganz begeistert von meiner Arbeit war. Ihr gefiel, dass ich sowohl für Galerien als auch im öffentlichen Raum der Stadt meine Kunstwerke umsetze und präsentiere.

Und was war für dich am Ende ausschlaggebend, das Projekt anzunehmen? 

Julia: Das Projekt ist auch für mich eine Besonderheit: Ich habe noch nie eine Säule bemalt und die Umgebung in Hammerbrook ist aus künstlerischer Sicht neu für mich. Weiter ist es eine Ehre, bei diesem Pilotprojekt dabei sein zu dürfen und die erste von hoffentlich vielen Kunstsäulen bemalt zu haben. 

Dazu kommt, dass Frau Suhr selbst Künstlerin war, und unter Künstlerinnen hat man eine besondere Art der Verbundenheit. 

Du sagst, dass du noch nie eine Säule in dieser Art bemalt hast. Wie hast du das Projekt geplant? 

Julia: Es gibt ein Farbkonzept und eine grobe Idee in meinem Kopf. Der Rest ist intuitiv, also ein Zusammenspiel zwischen Bewegungen, hier verbunden mit "auf eine Leiter klettern" und "um die Säule herumlaufen", die nötig sind, um den Pinsel frei über die Fläche gleiten lassen zu können. 

Das gepaart mit viel Erfahrung und es entsteht ein ganz spezielles Kunstwerk, das es so nur an dem Ort gibt, an dem ich es umsetze. 

Welche Emotionen haben dich während der Gestaltung bewegt? 

Julia: Zur Zeit der Umsetzung habe ich neben einer großen, lauten Baustelle gemalt, aber ich war so in meine Arbeit vertieft, dass ich den Lärm sehr oft nicht mehr wahrgenommen habe. 

Ich bin schnell in meinen “Flow” gekommen: Das heißt, ich habe alles um mich herum vergessen und konnte voll fokussiert in meine Arbeit eintauchen. Ich habe weiter darüber nachgedacht, wie schade es ist, dass Frau Suhr das Ergebnis nicht mehr sehen kann. Ich hoffe natürlich, dieses in ihrem Sinne umgesetzt zu haben. 

Wie haben dich die Menschen um dich herum während der Installation wahrgenommen? 

Julia: Vereinzelt kamen Menschen auf mich zu, die sich sehr über die Arbeit freuen und dass endlich etwas mehr Farbe in die Gegend kommt. Da ich ein wenig abseits des Bürgersteigs war, wurde ich nicht weiter angesprochen oder ich habe es durch den Baulärm nicht gehört. 

Bist du mit deinem ersten Kunstwerk an einer Säule zufrieden? 

Julia: Ich bin sehr zufrieden und kann es kaum erwarten, auf meinen Kanälen davon zu berichten – bisher haben sie nämlich noch nicht viele Leute gesehen. Ein paar Nachrichten von Menschen, die meine Kunst kennen, gab es dennoch: Sie wollten sich vergewissern, ob die Säule von mir ist – über diesen Wiedererkennungswert freue ich mich sehr! 

Was sind deine nächsten Projekte, wie geht es weiter für dich? 

Julia: Im April geht es für mich nach Nairobi, Kenia. Dort will ich mich mit der ansässigen Kunstszene austauschen und eine kleine Ausstellung und/oder Wandmalerei vor Ort umsetzen. 

In der zweiten Jahreshälfte stehen einige Ausstellungen und Messen, zum Beispiel in Stockholm und Madrid, an. Dafür werde ich viel Zeit im Atelier verbringen und mich vorbereiten. Es ist schön, sich zwischen Atelier und “Draußen” künstlerisch ausleben zu dürfen. 

Weitere Kunstsäulen folgen

Raum für Künstlerinnen und Künstler: Sechs bis acht weitere Kunstsäulen sollen in diesem Jahr in Hammerbrook entstehen. Im Jahr darauf noch weitere.

Besonderen Dank gilt dem Europacenter und der Ingeborg Suhr Stiftung für die Unterstützung vor Ort.

 

Fotos: Julia Benz und Christian Martin.