Busse statt S-Bahnen – muss das sein?
Ja, manchmal schon! So geht Schienenersatzverkehr bei der S-Bahn Hamburg
9. Dezember 2024 – Marion Meier
Kennt Ihr den Begriff SEV? So heißt bei uns der Schienenersatzverkehr, der unsere Züge ersetzt, wenn ein Abschnitt auf einer S-Bahn-Linie wegen Bauarbeiten gesperrt werden muss. Dort fahren dann Busse statt S-Bahnen. Das planen wir sorgfältig mehrere Monate im Voraus, damit Ihr trotz der Einschränkungen gut und sicher ans Ziel kommt. Hier lest Ihr, wie das funktioniert.
Am liebsten legen wir große Baustellen mit längerem Schienenersatzverkehr (SEV) in die Ferienzeiten, damit es weniger Fahrgäste betrifft, denn der SEV richtet sich nach den Fahrgastzahlen der betroffenen Strecke. Genau wie unsere Baustellen werden diese Ersatzverkehre lange im Voraus geplant. Bei kurzfristigen Sperrungen, wenn zum Beispiel eine Weichenstörung auftritt, sprechen wir von Busnotverkehr.
Christian arbeitet in der Angebotsplanung und ist unser Mann für den SEV. Er erläutert, warum er für die Planung mehrere Monate benötigt: „In der Angebotsplanung sind wir für alle Themen rund um den Fahrplan zuständig“, erläutert Christian, „neben dem SEV gehört hierzu auch die Weiterentwicklung des Fahrplans im S-Bahn-Netz.“
„Bei einer Baumaßnahme“, erklärt er weiter, „erstellen wir Fahrpläne für den gesperrten Abschnitt, schreiben den Ersatzverkehr aus und erteilen den Auftrag an ein Busunternehmen.“ Außerdem stimmt das Team gemeinsam mit dem Busunternehmen ab, wo die SEV-Haltestellen hinkommen und wie die Busse fahren.
Da Christians Arbeit abhängig ist von der Baustellenplanung, arbeitet er eng mit den Kolleg:innen der Baustellenkoordination zusammen. Aber auch für den hvv und die diversen Busunternehmen ist er der erste Ansprechpartner.
Wie viele Busse Christian einplanen muss, ist abhängig von den Fahrgastzahlen auf der betroffenen Linie. Dabei berücksichtigt er, ob es dort eventuell alternative Verkehrsmittel für die Fahrgäste gibt, zum Beispiel U-Bahnen oder Regionalverkehr.
„Ziel ist es, dass unsere Fahrgäste so gut wie möglich an ihr Ziel kommen“, betont Christian. Dazu gehört, dass sie so schnell wie möglich wieder auf die S-Bahn umsteigen können.
Der SEV wird in der Regel auf dem gesperrten Abschnitt eingerichtet und vermischt sich nicht mit dem regulären Linienverkehr. Da er aber die bestehenden Haltestellen des Linienverkehrs anfährt, müssen die Fahrpläne mit diesem abgestimmt sein. Manchmal richten wir aber auch Sonderhaltestellen ein, wenn für zusätzliche Busse kein Platz mehr ist.
Christian weiß, dass SEV für Euch, unsere Fahrgäste, per se eher ein Ärgernis ist. Er kostet in der Regel mehr Zeit, alle müssen umsteigen und können nicht fahren, wie sie es gewohnt sind. „Eine Bahn kann grundsätzlich nicht durch einen Bus ersetzt werden“, meint er, „SEV bedeutet immer erhebliche Einschränkungen für unsere Kund:innen.“
Deshalb wird SEV nur da eingesetzt, wo es wirklich nötig ist. Im Hamburger Stadtgebiet rechnen wir je nach Streckenabschnitt mit zwischen einem und sechs Gelenkbussen pro 10 Minuten. Das können also bis zu 36 Busse pro Stunde sein. Dazu kommen noch Reservebusse.
Christian und seine Kolleg:innen achten darauf, dass sich die gesamte Fahrtzeit auf einer SEV-Strecke um nicht mehr als 20 Minuten verlängert. Deshalb suchen sie nach den bestmöglichen Fahrzeiten und setzen, wenn notwendig Direktbusse ein. Direktbusse fahren ohne Zwischenhalt und sind eine gute Option, wenn eine Strecke besonders lang und hoch frequentiert ist oder es keine Alternativen gibt.
„Wichtig ist vor allem auch eine gute Kommunikation“, erklärt Christian. Etwa eine Woche vor dem Start einer Baustelle hängen wir die Infos dazu in unseren Vitrinen und auf Plakaten an den Bahnhöfen aus. Außerdem informieren wir auf unserem Kanal bei X und auf unserer Internetseite.
Was sich verändert hat
„Das Thema ist längt kein Nischenthema mehr“, meint Christian. „Das Baugeschehen sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene hat erheblich zugenommen und ist stark in den öffentlichen Fokus gerückt.“
Heutzutage brauchen wir mehr SEV, während gleichzeitig oftmals ein Mangel an Bussen und Personal herrscht. Kein leichtes Unterfangen für die Planer, zumal auch die Kosten für Ersatzverkehre stark gestiegen sind.
Christian und das Team der Angebotsplanung arbeiten zusammen mit dem hvv und der Stadt Hamburg kontinuierlich daran, die Qualität des SEV zu verbessern. Zahlreiche Großbaustellen erfordern eine intensive Abstimmung für den steigenden Bedarf an Ersatzverkehren.
Erster Einsatz: Zusätzliche Direktbusse
Bisher waren Direktbusse immer nur dann im Einsatz, wenn nur so sich die Gesamtreisezeit um nicht mehr als 20 Minuten verlängerte. Bei den Baustellen in den diesjährigen Hamburger Herbstferien haben wir erstmals Direktbusse zwischen Berliner Tor und Bergedorf eingesetzt, obwohl der gesperrte Abschnitt nur von Berliner Tor bis Billwerder-Moorfleet ging. Dies war die Reaktion auf die Probleme der letzten Sperrung und die Beschwerden unserer Kund:innen und wurde sehr gut angenommen.
Christian freut sich auf das Feedback unserer Fahrgäste und nimmt es als Anlass, Dinge zu verbessern. Zugleich hat er auch einen Rat: „Stürzt Euch nicht alle gleich auf den ersten Bus im SEV. Meist fahren mehrere Busse hintereinander und da gibt es oft noch freie Plätze“, meint er.
Die nächste Baustelle und damit der nächste SEV kommt bestimmt. Unsere Planer arbeiten mit Hochdruck daran, dass das mit so wenig Einschränkungen für Euch wie möglich abläuft. Damit Ihr sicher und gut an Euer Ziel kommt.
In diesem Sinne: allzeit gute Fahrt!