Das Magazin der S-Bahn Hamburg

Ein Tag mit #4 – Sara Kahl

Touristen, übermüdete Schüler oder Schwarzfahrer. Sara Kahl bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Seit über zehn Jahren kontrolliert die 32-Jährige Fahrkarten in der Hamburger S-Bahn – und wir durften ihr dabei einen Tag über die Schulter schauen.

Wir begleiten Sara Kahl an einem Dienstagmorgen während ihrer Schicht beim Prüfdienst der DB Sicherheit im Hamburger S-Bahn-Netz. Der Tag beginnt zunächst entspannt: Um kurz nach 8 Uhr kommt sie im Büro des Prüfungsdiensts der S-Bahn Hamburg am Hühnerposten, unweit des Bahnhofs, an. Hier trifft sie auf ihre beiden Kolleginnen und bespricht bei einem Kaffee den Tag. „Mutti-Trupp“ bezeichnen sie ihre Einheit scherzhaft. Denn die drei Frauen sind junge Mütter und haben deshalb ihre Schichten unter der Woche zwischen 9 und 15 Uhr. Im Normalfall bestehen die Einheiten aus gemischten Geschlechtern, aber Sara Kahl und ihre beiden Kolleginnen arbeiten in dieser Konstellation ideal zusammen. Mit einer gewissen Portion Fingerspitzengefühl und ihrem weiblichen Charme hatten sie bei ihren Schichten bisher kaum Probleme.

Für Sara Kahl ist die Arbeit im Prüfdienst ein echter Traumjob. Ursprünglich wollte die heute 32-Jährige zum Zoll – immerhin ist ihre halbe Familie dort tätig. Als dies nicht klappte, entschied sie sich für eine Ausbildung bei der Deutschen Bahn und ist sehr glücklich damit.

Was sie an ihrem Job besonders mag? „Die abwechslungsreiche Tätigkeit an sich und der Umgang mit vielen Menschen“, sagt Sara schnell. Und dieser stellt auch zugleich die größte Herausforderung dar. Denn nicht jeder S-Bahn-Kunde freut sich darüber, wenn Sara Kahl das Zugabteil betritt und nach dem Schließen der Tür „Schönen guten Tag, die Fahrkarten bitte“, sagt – stets freundlich, aber dennoch bestimmt.

Sara prüft zivil. Das bedeutet, dass sie auf den ersten Blick wie ein normaler Fahrgast aussieht, da sie keine Uniform trägt. Im Zug stimmen sich die drei Frauen genau aufeinander ab. Es wird stets Blickkontakt gehalten und geschaut: Macht ein Fahrgast Probleme, braucht die Kollegin Unterstützung, und haben wir alle Fahrgäste in diesem Wagen bereits überprüft?

Größere Vorfälle hat Sara Kahl noch nie erlebt. Trotzdem begegnet sie auch immer wieder Fahrgästen, die ihre Strafe nicht einsehen können oder wollen. Und die werden dann auch häufig aggressiv – verbal und in ihrer Körpersprache. Aus diesem Grund ist der Citytunnel ihre Lieblingsstrecke: Hier fühlt sich Sara besonders sicher, da sie weiß, dass sie am Hauptbahnhof, an der Reeperbahn oder in Altona schnelle Unterstützung bekommen kann. Privat fährt sie mit der S-Bahn am liebsten nach Wilhelmsburg – da ist die heutige Buchholzerin nämlich aufgewachsen.

"Für mich ist es ein gelungener Tag, wenn alle Fahrgäste einen Fahrschein haben!"
Sara Kahl arbeitet im Prüfdienst von DB Sicherheit.

Begleitet man den Prüfdienst, sieht man, wie unterschiedlich die Fahrgäste reagieren: Manche zücken innerhalb von Sekunden ihre Fahrkarten, andere schütteln direkt den Kopf, einige verfallen in Panik, durchforsten ihre Taschen, bis sie mit einem enttäuschten Blick zugeben müssen, die Wochen- oder Monatskarte zu Hause liegen gelassen zu haben. „Verstehe!“, sagt Sara und meint es auch so.

In ihrer Stimme liegt Verständnis, dennoch muss sie eine vorübergehende Zahlungsaufforderung ausfüllen, die beim Vorlegen des Fahrscheins bei einer HVV-Station ungültig wird. Eine kleine Bearbeitungsgebühr von 2,50 € muss trotzdem gezahlt werden. Man merkt direkt, dass dieser Part den Damen des Prüfdienstes schwerfällt. Denn für Sara bedeutet ein erfolgreicher Tag keineswegs viele Menschen ohne Fahrschein zu erwischen. Ganz im Gegenteil: „Es ist ein gelungener Tag für mich, wenn alle ein Ticket haben“, sagt die gebürtige Hamburgerin voller Überzeugung.

 

Ob aus Versehen oder mit purer Absicht: Eine fehlende Fahrkarte ist ein Vergehen und muss bestraft werden. Zum Glück haben die Mitarbeiter des Prüfdienstes einen kleinen Ermessungsbereich, mit dem sie individuell umgehen können und nicht gezwungen sind, immer nach Schema F vorzugehen. Jede Situation muss einzeln betrachtet werden. Fair, menschlich und gerecht.

Was Sara Kahl schnell in ihrem Job gelernt hat? Menschenkenntnis. Mittlerweile hat die Mutter eines kleinen Sohnes ein gutes Gespür dafür, wann ein Kunde flunkert oder wann er die Wahrheit sagt. Und sie hat auch Verständnis dafür, dass Fahrgäste nicht immer nachvollziehen können, warum man etwas zahlen muss.

"Was ich schnell in meinem Job gelernt habe? Menschenkenntnis!"
Sara Kahl über den schönen Nebeneffekt ihres Jobs.

Denn immer wieder muss sie auch ihren Familienmitgliedern erklären, wie sich die einzelnen Zahlgrenzen aufteilen und sie so vor „Vergehen“ schützen. Aber das ganze System funktioniert eben nur, wenn sich alle daran beteiligen. Anders ist öffentlicher Personennahverkehr nicht möglich: Alle müssen sich an die Regeln halten.

Zur allgemeinen Info: Man zahlt pro Zahlgrenze, Tarifzone oder Ring. Im Umkehrschluss heißt das also, dass ihr nicht pro Station zahlt, sondern für die Strecke, die ihr fahrt. Eigentlich ziemlich fair, oder? „Um sich vor einer Fahrgeldforderung zu schützen, lohnt es sich immer die Strecke in den Fahrkartenautomat zu tippen, statt nur auf ‚Kurzstrecke’ zu drücken, wenn ihr nur eine oder zwei Stationen fahrt“, ist Sara Kahls Tipp. Schließlich gilt: „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.“

Wo fährst du lieber hin?

Sara Kahl

Ein Tag mit #4 – Sara Kahl

Alster oder Elbe
Reeperbahn oder Schanze
Hauptbahnhof oder Altona
Landungsbrücken oder Elbbrücken
Altonaer Theater oder Knust

Das zahlt ihr, wenn...

... ihr eine Zahlgrenze überschritten habt (sprich euer Ticket nicht ausreicht): 20 € (für eine Zahlgrenze, ab zwei Zahlgrenzen 60 €)

... ihr im Zug musiziert oder bettelt (das ist nämlich verboten): 40 €

... ihr euer Fahrrad in den Verbotszeiten dabei habt: 20 €

... ihr am Bahnsteig oder im Zug Alkohol konsumiert: 40 €

... ihr am Bahnsteig oder im Zug raucht: 15 €

... ihr gar kein Ticket gelöst habt: 60 €